Wien - Der Bericht über die drei österreichischen Wirtschaftsforschungsinstitute Wifo, IHS und WIIW listet weder Missstände noch ein Sündenregister, noch gravierende Mängel auf. Drittelfinanzier Finanzminister Karl-Heinz Grasser ist mit der Arbeit der Forscher auch zufrieden, ortet beim sozialpartnerschaftlich dominierten Wifo aber Reformbedarf.

So sei es dringend notwendig, beim Wifo moderne Unternehmensstrukturen mit einem kollegial besetzten Vorstand und einem Aufsichtsrat zu installieren. Ein Leiter, umgeben von vielen Referenten, sei keine flache, sondern gar keine Hierarchie. Und das wirke leistungsfeindlich, biete keine Karrieremöglichkeiten und sei unattraktiv für renommierte Quereinsteiger aus der Wissenschaft.

Grasser plädiert deshalb dafür, bis Mitte 2002 gemeinsam mit den Wifo-Miteigentümern Nationalbank, Wissenschaftsministerium, Wirtschaftskammer und Gewerkschaftsbund eine Reform auszuarbeiten. Als besonders dringlich sieht der Finanzminister aber die "Entpolitisierung" der Institute an. "Der 50-zu-50-SPÖ-ÖVP-Proporz darf keinen Platz mehr haben", sagte Grasser, der sich fragt, was im Wifo-Vorstand (entspricht dem Aufsichtsrat, Anm.) "die Expolitiker Hannes Androsch und Ferdinand Lacina und aktive Politiker wie die steirische Landeshauptfrau Waltraud Klasnic, der Wiener Finanzstadtrat Sepp Rieder und Nationalratspräsident Heinz Fischer machen.

Vom Tisch ist mit der Evaluierung der drei Institute die von FPÖ-Wirtschaftssprecher Thomas Prinzhorn geforderte Zusammenlegung. Drei von öffentlichen Geldern abhängige Institute seien zu teuer, so die Prinzhorn-Argumentation. Der Bericht spricht hier eine deutliche Sprache: Die Forscher seien kostenmäßig sehr effizient und vergeudeten keine Mittel. Insgesamt erhalten die drei Einrichtungen rund 150 Mio. S öffentliche Gelder.

Überlappungen gebe es nur bei der Erstellung der Konjunkturprognose, und dies sei absolut erwünscht, stellte Notenbank-Gouverneur Klaus Liebscher, neben Grasser der zweite Hauptfinanzier des Wifo, klar. "Ich wäre absolut dagegen, dass wir nur mehr ein Prognose-Institut in Österreich haben."

Grasser, ein "Fan von Wettbewerb", wünscht sich aber mehr Wettbewerb der Institute und auch eine stärkere internationale Ausrichtung. Bis Mitte 2002 soll die Neustrukturierung der Institute evaluiert sein, bis Herbst 2002 die künftige Finanzierung über neue Leistungsverträge.

Insgesamt fällt die Untersuchung von Wifo, Institut für Höhere Studien (IHS) und des Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche (WIIW) gut aus. Alle drei würden Dienstleistungen von größtem öffentlichen Interesse erbringen, und der Forschungsoutput habe insgesamt gute Qualität.

Dringend notwendig sei aber eine langfristig gesicherte Finanzierung auf Basis von Leistungsvereinbarungen, so Universitätsprofessor Gerhard Clemenz von der Uni Wien, einer der drei Evaluatoren. Derzeit wüssten die Institute von Jahr zu Jahr nicht, wie viel Geld ihnen künftig zur Verfügung stehe, und das mache langfristige Planungen der Leistungserbringung besonders schwer. (ung, Der Standard, Printausgabe, 21.12.01)