Wien - Dass der in Österreich praktizierte Modus für die Bestellung der 14 Verfassungsrichter - von der Regierung und dem Nationalrat vorgeschlagen und durch den Bundespräsidenten ernannt - nicht unüblich ist, beweist ein Blick auf andere EU-Länder.Beispiel Deutschland: Dort werden die 16 Richter des Bundesverfassungsgerichts je zur Hälfte von Bundestag und Bundesrat gewählt. Ihre Amtszeit beträgt zwölf Jahre. Die Ernennung nimmt, wie in Österreich, der Bundespräsident vor. Um das Amt antreten zu können, muss man die Fähigkeit zum Richteramt besitzen und das 40. Lebensjahr vollendet haben. Außerdem darf man keine andere berufliche Tätigkeit als die einesRechtslehrers an einer deutschen Uni ausüben. In Italien besteht das Höchstgericht aus 15 Richtern. Fünf werden vom Staatspräsidenten, weitere fünf vomParlament und die übrigen vom Obersten- und dem Verwaltungsgerichtshof ernannt. Ihre Amtszeit dauert neun Jahre. Die zwölf spanischen Verfassungsrichter werden durch den König ernannt. Sie sind für neun Jahre bestellt. Vier Mitglieder wählt das Parlament, vier der Senat, zwei die Regierung, und die restlichen zwei nominiert der so genannten Generalrat der Justiz (Staatsanwälte und Richter). Ein Drittel der Mitglieder wird alle drei Jahre ausgetauscht. Ähnlich funktioniert auch die Praxis des französischen Verfassungsrates (conseil constitutionnel), der aus neunMitgliedern besteht, die auf neun Jahre bestellt sind. Auch hier wird ein Drittel der Mitglieder alle drei Jahre ausgetauscht. Die Bestellung funktioniert folgendermaßen: Jeweils drei Mitglieder werden vom Staatspräsidenten, dem Präsidenten der Nationalversammlung beziehungsweise dem Senatspräsidenten berufen. Zusätzlich sind Exstaatspräsidenten lebenslang nominelle Mitglieder im Rat. Ganz anders das britische Rechtssystem: In Großbritannien existiert keine Institution, welche die Verfassungsmäßigkeit der Handlungen von Regierung und Parlament überprüfen kann. In der britischen Verfassung gibt es kein höheres Organ als das Parlament, kein Verfassungsgericht und keine Normenkontrolle. Jedes mit einfacher Mehrheit beschlossene Parlamentsgesetz kann die Verfassung ändern. (pm) (DER STANDARD, Printausgabe, 21.12.2001)