Wien - Die geplante Neubewertung der Kreditrisiken durch die Banken, kurz Basel II genannt, die ab 2005 in Kraft treten soll, wird entgegen bisheriger Befürchtungen zu keiner generellen Verteuerung der Geldkosten für die mittelständische Wirtschaft führen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie von TU-Professor Walter Schwaiger, die in Kooperation mit PricewaterhouseCoopers am Donnerstag präsentiert wurde.

Schwaiger wies in einer Pressekonferenz darauf hin, dass das im Jänner dieses Jahres vom Basler Ausschuss für Bankenaufsicht vorgelegte Konsultationspapier die Unterlegung der Kredite mit Eigenmitteln von derzeit einheitlich acht Prozent auf durchschnittlich 9,51 Prozent erhöht hätte. Mit dem im November vorgestellten revidierten Konsultationspapier werde die durchschnittliche Unterlegung der Kredite mit Eigenmitteln dagegen auf 7,19 Prozent abgesenkt. "Wenn die Banken diesen Vorteil an die Kunden weitergeben, dann müssten Kredite eigentlich billiger werden", waren sich Schwaiger und Gerhard Prachner von PricewaterhouseCoopers einig. Damit seien Basel II, wie Wirtschaftsminister Martin Bartenstein verlangt habe, "die Giftzähne gezogen worden".

Schwaiger, der in seiner Studie 12.000 Unternehmen mit einem Jahresumsatz von ein bis 50 Mio. Euro (bis 688 Mio. S) berücksichtigt hatte, geht davon aus, dass es bei der Neuregelung Gewinner und Verlierer geben wird. Die vielleicht wichtigste Konsequenz von Basel II werde jedenfalls eine nach Ratingklassen erfolgende Segmentierung des Kreditmarktes sein. Das Rating, beziehungsweise die Bonität des Schuldners, die in der österreichischen Praxis derzeit eine eher untergeordnete Bedeutung habe, werde in Zukunft zur zentralen Risikokennzahl werden.

Für die breite Masse der mittelständischen Unternehmen wird sich durch Basel II an den Kreditkonditionen nicht viel ändern, ist Schwaiger überzeugt. Jene rund zehn Prozent von Betrieben mit erstklassiger Bonität (Ausfallswahrscheinlichkeit des Kredits von 0,03 bis 0,18 Prozent) könnten mit Verbesserungen ihrer Konditionen rechnen. Jene knapp 13 Prozent mit besonders schlechter Bonität (Ausfallswahrscheinlichkeit des Kredits von 7,91 bis 18,45 Prozent) würden dagegen in Zukunft Probleme bekommen. Sie müssten entweder zusätzliche Sicherheiten bieten oder mehr für ihre Kredite bezahlen. (gb, Der Standard, Printausgabe, 21.12.01)