Wien - Die neue Allfinanzaufsicht, in der die Banken-, Versicherungs-, Pensionskassen- und Wertpapieraufsicht gebündelt werden und die am 1. April 2002 starten soll, steht unter keinem guten Stern. Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat in einem mit Spannung erwarteten Erkenntnis Teile des Wertpapieraufsichtsgesetzes und der Bundes-Wertpapieraufsicht (BWA) als verfassungswidrig aufgehoben. Die Wertpapieraufsicht hätte organisatorisch unverändert in der Allfinanzaufsicht aufgehen sollen. Das VfGH-Urteil sei für den österreichischen Kapitalmarkt eine "Katastrophe", sagte BWA-Chef Thomas Goldmann zum Standard. An Reparaturmöglichkeiten bis Ende März sieht Goldmann nur die (unwahrscheinliche) Zustimmung der SPÖ zu einer eigenen Verfassungsbestimmung für die Allfinanzaufsicht oder die "Rück-Einverleibung" der Aufsichtsfunktion in das Finanzministerium. Goldmann: "Damit würden alle internationalen Standards über Bord geschmissen, die unabhängige Aufsichtsbehörden für den Kapitalmarkt und den Insiderhandel vorsehen." Der VfGH hat an der Bundes-Wertpapieraufsicht insbesondere kritisiert, dass es sich bei der Konstruktion der "Anstalt öffentlichen Rechts" um eine selbstständige juristische Person handelt, die "quasi neben dem Minister" steht. Änderungsbedarf

Eine Konstruktion der Wertpapieraufsicht als "unselbstständige Einrichtung" des Bundes, die als solche der vollen Leitungs- und Steuerrungsmöglichkeit durch den Finanzminister unterliegt, würde auf die volle Zustimmung des VfGH stoßen, schreiben die Höchstrichter. Die nunmehrige Entscheidung des VfGH gebe "dem Nationalrat die Möglichkeit, die Vorschriften über die Allfinanzaufsicht "noch rechtzeitig" an die Bestimmungen der Verfassung anzupassen. Die derzeitige Möglichkeit der Verhängung von Verwaltungsstrafen durch die BWA bei gleichzeitig nur "theoretischer und illusorischer Einflussmöglichkeit" des Ministers auf die Tätigkeit der BWA widerspreche dem Organsationsprinzip der österreichischen Verfassung. Im Finanzministerium wird das VfGH-Erkenntnis in seiner Bedeutung heruntergespielt. Minister-Sprecher Mathias Winkler sagte: "Der Grundgedanke der Ausgliederung ist in Hinblick auf die Allfinanzaufsicht unangetastet geblieben. Wir werden uns den gesetzlichen Änderungsbedarf in den Punkten Weisungsrecht und politische Verantwortung des Ministers im Rahmen der neuen Allfinanzaufsicht anschauen. Die Bundes-Wertpapieraufsicht hört ja mit Ende März zu existieren auf." Der Leiter der Rechtspolitik in der Wirtschaftskammer, Hanspeter Hanreich, widerspricht: "Die Allfinanzaufsicht kann man in der geplanten Form vergessen."(Michael Bachner, Der Standard, Printausgabe, 22.12.2001)