Buenos Aires - Nach dem Rücktritt von Präsident Fernando de la Rua steht das argentinische Parlament am Freitag vor der Aufgabe, ein Machtvakuum in dem lateinamerikanischen Land zu verhindern. Dort tobten bis Donnerstag die heftigsten Unruhen seit über einem Jahrzehnt, eine Folge der drastischen Sparmaßnahmen, mit denen die Regierung eine Zahlungsunfähigkeit von historischen Dimensionen verhindern will. Die Nachbarn Argentinien befürchten allerdings nicht, hineingezogen zu werden. Brasiliens Präsident Fernando Henrique Cardoso sagte, in seinem Land herrschten stabile Verhältnisse. De la Rua verließ den Präsidentenpalast per Hubschrauber Vor der gemeinsamen Sitzung der 72 Senatoren und 257 Mitglieder des Abgeordnetenhauses flauten die Unruhen ab, deren letzte Opfer ein südkoreanisches Ehepaar war. Die beiden Einwanderer begingen Selbstmord, nachdem ihr Geschäft in einem Vorort der Hauptstadt Buenos Aires ausgeraubt worden war. In der Sitzung (ab 15.00 Uhr MEZ) stand auf der Tagesordnung, entweder einen neuen Präsidenten für die restlichen zwei Jahre der Amtszeit de la Ruas zu wählen oder Neuwahlen auszurufen. De la Rua verließ den Präsidentenpalast per Hubschrauber und ließ sich in seine Residenz in einem Vorort fliegen. Viele der tausende Demonstranten auf den Straßen Argentiniens feierten, als sie vom Rücktritt des Präsidenten erfuhren. "Ich bin so froh, dass er endlich gegangen ist", jubelte eine Frau in der Menge. Zuvor hatten die Demonstranten vor dem Palast gefordert, dass De la Rua sich der Öffentlichkeit stellen möge. Die Polizei war unter massivem Einsatz von Gewalt gegen die protestierenden Menschen vorgegangen. Vereinzelt gab es auch nach dem Bekanntwerden des Rücktritts weitere Ausschreitungen, im Großen und Ganzen flauten aber die Proteste ab. Nur 48 Stunden Weil de la Rua keinen Vizepräsidenten hatte, hätte nach der Verfassung Senatspräsident Ramon Puerta Staatspräsident werden müssen. Doch der erklärte, das Amt nur für 48 Stunden übernehmen zu wollen. Er gehört der Peronisten-Partei Allianz für Arbeit, Gerechtigkeit und Bildung an, die in beiden Häusern des Parlamentes die Mehrheit hat. Zu den Kandidaten, die ins Gespräch gebracht wurden, gehörte Senator Eduardo Duhalde, der bei der Präsidentenwahl 1999 de la Rua als dem Kandidaten der Radikalen Bürgerunion und der Solidaritätsfront unterlegen war. Es waren noch weitere Peronisten im Gespräch, darunter der frühere Präsident Carlos Menem, der das Land für ausländische Investoren attraktiv gemacht hatte, und der Provinzgouverneur Jose Manuel de la Sota als Favorit der ausländischen Investoren. Duhalde war Vizepräsident unter Menem. Die Partei, die Juan und Eva Peron in den 40er Jahren gründeten, hat neben den populistischen und gewerkschaftlich orientierten Elementen inzwischen eine am Markt orientierte Fraktion. (APA/Reuters)