Mit dem Aufstand von 1944 gegen die Tiso-Herrschaft und die Deutschen hatten sich die Slowaken von dem Vorwurf der Kollaboration gereinigt und sahen sich in ihrer nationalen Selbstständigkeit bestätigt. Benes musste in den Verhandlungen in Moskau die Idee des "Tschechoslowakismus" aufgeben und für den künftigen Staat die Gleichberechtigung der zwei staatstragenden Nationen, Tschechen und Slowaken, akzeptieren.In den Augen der Bevölkerung verschaffte dies auch den slowakischen Kommunisten, die die Hauptlast des Aufstandes getragen hatten, Anerkennung. In der Slowakei wurden zuerst jene KP-dominierten Nationalausschüsse als künftige Verwaltungsorgane eingesetzt, die Benes dann für die gesamte CSR übernehmen musste. Dem bereits während des Aufstandes gebildeten Slowakischen Nationalrat wurde im "Kaschauer Programm" der am 4. April 1945 gebildeten Regierung Fierlinger politische Selbstverwaltung zugebilligt. Doch die vom slowakischen Rechtsanwalt Gustáv Husák, der an der Spitze der kommunistischen Untergrundtätigkeit gegen den Tiso-Staat gestanden war, vertretene Forderung nach einem föderativen Staat konnte sich nicht durchsetzen. Vielmehr fand man zu einer Konstruktion der "politischen Asymmetrie": Die wiedergeborene Tschechoslowakei war weder Zentralstaat noch Bundesstaat, in ihr besaß nur die Slowakei einen Nationalrat, dessen Rechte gegenüber dem Gesamtstaat aber zunehmend geschmälert wurden. Die Slowakische Volkspartei war sofort verboten worden, zugelassen waren in der Slowakei nur die KP und die nicht kommunistische Demokratische Partei, deren Vertreter ebenfalls im Widerstand agiert hatten. In die für die gesamte CSR gebildete Regierung entsandten die in der "Nationalen Front" vereinigten antifaschistischen Parteien je drei Vertreter; die tschechoslowakische KP und die slowakischen Kommunisten traten als getrennte Organisationen auf, sodass sie zusammen über sechs Regierungssitze verfügten. Benes hatte den Magyaren in der Slowakei ein gleiches Schicksal wie den Deutschen zugedacht: Sie sollten enteignet und ausgesiedelt werden. In den ersten Wochen wurden 36.000 Ungarn vertrieben. Danach aber stoppten die Alliierten diesen Plan, zwischen Budapest und Prag wurde ein Bevölkerungsaustausch vereinbart, durch den jeweils mehr als 70.000 Ungarn und Slowaken ihre Wohngebiete wechseln mussten. 45.000 Ungarn wurden zwangsweise in den von den Deutschen verlassenen Regionen angesiedelt. Dennoch blieb das magyarische Siedlungsgebiet in der Südslowakei weitgehend kompakt, heute bekennen sich ungefähr zehn Prozent der slowakischen Staatsbürger als Ungarn. Die Deutschen aus der Zips und dem Preßburger Raum wurden größtenteils vertrieben. Die allgemeinen Wahlen im April 1946 wurden für die slowakischen Kommunisten zur herben Enttäuschung: Während die KP in Tschechien mit 43,3 Prozent die weitaus stärkste Partei wurde, blieben die slowakischen Kommunisten mit 30,4 Prozent weit hinter der Demokratischen Partei (62 Prozent) zurück; offenbar hatten Kirchenfeindlichkeit und brutale Verfolgung der Tiso-Anhänger die KP viele Sympathien gekostet. Der tschechoslowakische KP-Chef Klement Gottwald nannte die Demokratische Partei "faschistisch unterwandert", der Widerstand der tschechischen bürgerlichen Parteien verhinderte jedoch den Ausschluss der DP aus der Nationalen Front. Nachdem der seit der Wahl DP-dominierte slowakische Nationalrat Präsident Benes eine Begnadigung des zum Tod verurteilten Jozef Tiso empfohlen hatte (wozu Benes nicht bereit war), erfolgte eine Verhaftungswelle. Der Slowake Ján Ursiny, vormals einer der Führer im Aufstand 1944, DP-Politiker und stellvertretender Ministerpräsident der CSR, trat von seinem Posten zurück. Nachdem die KP 1948 die Volksdemokratie proklamiert hatte, kam es zu zahlreichen Prozessen wegen "Verschwörung gegen den Staat"; Ursiny kam mit sieben Jahren Zuchthaus noch relativ milde davon. Dem Terror gegen die DP, der von zahlreichen antikirchlichen Maßnahmen wie Schließung der Klöster, Einweisung der Ordensangehörigen in Zwangsarbeitslager usw. begleitet war, folgte die "Säuberung" der slowakischen KP von "nationalistischen" Elementen. Noch war es Parteisekretär Rudolf Slánský, der den Schlag gegen Gustáv Husák und andere führte (1950). Keine zwei Jahre später saß Slánský wegen "Titoismus" selbst auf der Anklagebank und wurde zusammen mit dem Slowaken Vladimír Clementis, nach Jan Masaryks ungeklärtem Tod Außenminister, gehenkt (1952). Die marxistischen Ideologen sahen in der wirtschaftlichen Rückständigkeit der Slowakei und der schwachen Verstädterung die Ursache für die Treue der Slowaken zur katholischen Kirche und ihre Distanz zu der kommunistischen Fortschrittsgläubigkeit. Missernten, die schwere Ernährungskrisen zur Folge hatten, und Stalins Verbot, die Marshallhilfe anzunehmen, banden die CSR immer stärker an die Sowjetunion. Die Produktion wurde an die sowjetischen Bedürfnisse angepasst, der Warenaustausch mit den westlichen Ländern versiegte, nicht zuletzt im Interesse der Rüstung wurde das Schwergewicht auf den Ausbau der Stahl- und Maschinenindustrie gelegt. Bei dieser staatlichen Investitionspolitik wurde die Slowakei bevorzugt behandelt, es entstanden dort zahlreiche Fabriken, ganze Industriekombinate wurden aus dem Boden gestampft, die Urbanisierung schritt voran, der Anteil der in der Landwirtschaft Tätigen sank rapid. Die Bildungspolitik brachte eine neue Intelligenzschicht hervor, mit ihr wuchs aber auch die Kritikfähigkeit einer jungen Generation. Die Slowakei holte im Bevölkerungswachstum kräftig auf, sodass aus dem Verhältnis 1:3 von Slowaken zu Tschechen bei der Gründung des Staates an dessen Ende eines von 1:2 geworden war. Allerdings zeitigten die Folgen der dem sowjetischen Modell angepassten starren Planwirtschaft und die Forcierung von Rüstungsgütern (nicht nur für die Warschauer-Pakt-Staaten, sondern auch für den Export in Länder der Dritten Welt) bereits in den Sechzigerjahren in vielen Bereichen Anzeichen einer sozialistischen Mangelwirtschaft. Die von Chruschtschow am 20. Parteitag der KPdSU 1956 eingeleitete Entstalinisierung brauchte einige Zeit, um auch in der CSR Wirkung zu zeigen. 1960 wurden Gustáv Husák und andere in den stalinistischen Prozessen als "bürgerliche Nationalisten" verurteilte slowakische Kommunisten freigelassen. Hingegen beseitigte de facto die im gleichen Jahr beschlossene neue Verfassung - der Staat hieß nun CSSR - die Reste der slowakischen Sonderstellung. Im Wechsel zwischen Repression und Perioden des "Tauwetters" begannen unter den slowakischen Studenten und im Schriftstellerverband Diskussionen, in denen eine weitergehende Rehabilitierung der Opfer des stalinistischen Terrors gefordert wurde. Eine Kommission, an deren Spitze der kommunistische Vorsitzende des längst ausgehöhlten Slowakischen Nationalrats, Jozef Lenárt, gestellt wurde, begann die Prozesse der Fünfzigerjahre zu untersuchen. Dabei wurden die Machenschaften der Stalinisten ans Tageslicht gebracht, die empörte Reaktion der slowakischen Öffentlichkeit führte zum Sturz des slowakischen Parteichefs Karol Bacílek und zur Rehabilitation der hingerichteten wie der überlebenden Opfer. Dieser "Preßburger Frühling" Anfang der 60er-Jahre zeigte seine Auswirkungen schließlich auch auf Prag: Lenárt folgte dem seit 1953 im Amt befindlichen Villem Siroky als Ministerpräsident des Gesamtstaates (1963). Neuer Erster Sekretär der slowakischen KP wurde der damals 44-jährige Alexander Dubcek. Noch war der Kampf um eine Reform der Partei nicht ausgestanden, Staatspräsident und Parteichef Novotný stand an der Spitze derer, die sich gegen alle Neuerungen stemmten. Mit den Feiern zum 20. Jahrestag des Aufstands von 1944, zu denen sogar Chruschtschow kam, brachten die Reformer den Anteil der Slowaken an der Niederringung des Faschismus in Erinnerung; ein Jahr danach folgten die Feiern zum 150. Geburtstag von L'udovít Stúr, der der tschechischen KP als bürgerlicher Reaktionär gegolten hatte. Dubcek tat nichts, um die Äußerungen der Kritik wie der slowakischen Selbstbesinnung zu unterbinden. Als sich das alte tschechoslowakische Regime angesichts der sich ständig verschlechternden Wirtschaftsverhältnisse nicht mehr halten ließ und Novotný 1968 zurücktrat, folgte ihm - mit Zustimmung des sowjetischen Parteichefs Breschnjew - Alexander Dubcek in der Funktion des Ersten Parteisekretärs. Der nun folgende kurze "Prager Frühling" ist mit dem Namen dieses Slowaken untrennbar verbunden. (DER STANDARD-ALBUM, Print-Ausgabe, 22./23. 12. 2001)