Frankfurt - "Die Automobilindustrie befindet sich derzeit in einer psychologischen Delle, es gibt keinen Anlass für eine tiefgreifende Abwärtsentwicklung im kommenden Jahr" - das betonte VDA-Präsident Bernd Gottschalk. Die psychologische Delle werde in absehbarer Zeit überwunden sein, da sie nicht fundamental sei, es sei denn, "wir alle manövrieren uns in eine weltweite Rezession". Gottschalk erwähnte in diesem Zusammenhang auch die aktuelle Krise in Argentinien, die derzeit große Sorgen bereite, und plädierte für die Erhaltung des Mercosur. Die psychologische Delle wird nach Meinung des Verbandes der deutschen Automobilindustrie (VDA) maximal ein halbes Jahr anhalten. Insgesamt erwartet Gottschalk 2002 Pkw-Neuzulassungen in Deutschland zwischen 3,2 und 3,3 Mill. Einheiten. 2001 werde man 3,35 Mill. Einheiten erreichen, die Pkw-Produktion werde bei 5,3 Mill. Fahrzeugen liegen. Schlimmstenfalls werde der inländische PKW-Markt 2002 leicht unter dem Vorjahresniveau liegen. Der Auftragseingang bei Pkw sei erkennbar rückläufig, es gebe jedoch keine dramatischen Einbußen. "Beim Blick auf die täglichen Auftragseingänge habe ich das Gefühl, dass der Dezember auch ein ganz ordentlicher Monat wird", betonte der Präsident. Wichtig für die Automobilindustrie werde sein, wie sich der Export 2002 entwickele. Im Jahr 2001 habe die Automobilindustrie in Westeuropa wider alle Trends und gegen alle Verunsicherungen, die weltweit spürbar seien, ein gutes Geschäft gemacht, erklärte Gottschalk. Der Pkw-Markt in Großbritannien habe beispielsweise 2001 einen Zuwachs von zehn Prozent verzeichnet, Frankreich von fünf Prozent, Spanien von 3,5 Prozent. Insgesamt werde der westeuropäische Markt 2001 mit 14 Mill. Einheiten das gleiche Niveau haben wie im Vorjahr, prognostizierte Gottschalk. Die deutsche Automobilindustrie liefert über 60 Prozent ihrer Pkw-Exporte nach Westeuropa. Der VDA-Präsident geht 2002 lediglich von einem geringfügigen Rückgang hier aus. Das bedeute, dass die Exporte nach Westeuropa auf einer recht stabilen Basis blieben, betonte Gottschalk. Schwieriger sei die Situation in Nordamerika vorherzusagen. Er geht davon aus, dass der Markt dort auf unter 16 Mill. Einheiten schrumpfen wird. Die finanziellen Markterhaltungsstrategien, die dort im Augenblick gefahren würden, die teuren "Incentives" und die Null-Prozent-Finanzierungsprogramme seien nicht auf Dauer durchzuhalten, meinte Gottschalk. Die deutsche Automobilindustrie hält in Nordamerika im Pkw-Bereich einen Marktanteil von über neun Prozent. Von den deutschen Exporten wanderten in diesem Jahr 14,5 Prozent nach Nordamerika. Wertmäßig gesehen sei die Stückzahl sogar fast zu verdoppeln, meinte Gottschalk, da es sich überwiegend um Oberklassenfahrzeuge handele. Daher spiele der Export in die USA auch für die Ertragsrechnung der deutschen Hersteller eine wichtige Rolle. "Ich erwarte auch weiter ein hohes Niveau der deutschen Exporte nach Nordamerika", sagte er. Insgesamt werde der Export von Personenwagen aber nicht mehr das Rekordniveau des laufenden Jahres von über 3,6 Mill. Einheiten erreichen. Das Jahr 2002 werde von den reinen Zahlen her ein zu bewältigendes Jahr werden, ein tiefer Absturz sei im Pkw-Bereich nicht zu befürchten, betonte Gottschalk. Bei seinen Prognosen für 2002 hat der VDA-Präsident unterstellt, dass es nicht zu weiteren terroristischen Anschlägen und einer Ausweitung der Terrorismusbekämpfung kommen wird. "Dies ist nicht unser Szenario", sagte er. Sollte dies eintreten, werde die Verunsicherung, die bereits heute eine lähmende Wirkung im investiven Bereich habe, weiter zunehmen. Gottschalk rechnet damit, dass mit der Maßgabe, dass Konjunktur und Psyschologie stimmen, es 2003 wieder zu einer aufwärtsgerichteten Entwicklung im deutschen Markt kommen kann. Der Ersatzbedarf, der sich aufgestaut habe, sei groß. Problematischer beurteilt der VDA-Präsident die Lage im Nutzfahrzeugbereich. Vor allem die Inlandsauftragseingänge im schweren Bereich über sechs Tonnen seien deutlich rückläufig. Auch 2002 erwartet er im schweren Bereich Zulassungszahlen, die im zweistelligen Prozentbereich zurückgehen werden. (APA)