Berlin - Ob Luftfahrtkrise, Firmenpleiten oder Massenentlassungen - die Terroranschläge in den USA haben auch in der Wirtschaft tiefe Spuren hinterlassen. Vor allem die Fluggesellschaften kämpfen seitdem ums Überleben. Trotz Hilfe vom Staat sind Swissair und Sabena schon am Ende, auch einige andere Airlines stehen vor dem Ruin. Weltweit wurden in der Branche bereits 120.000 Arbeitsplätze gestrichen. Selbst die als unverwundbar geltende Deutsche Lufthansa ist ins Trudeln geraten. Konzernchef Jürgen Weber kämpft zwar mit allen Mitteln gegen die Krise an - muss aber trotzdem eins eingestehen: "Der 11. September hat die Welt verändert." Die Luftfahrt gehörte zu den Branchen, die die Auswirkungen der Anschläge sofort spürten: Das vier Tage geltende Flugverbot über den USA bedeutete gleich riesige Verluste. Doch was damals als Katastrophe galt, ist aus heutiger Sicht gar nicht mehr so bedeutend. Viel schlimmer hat die gesamte Branche getroffen, dass viele Menschen seit den Bildern von den in die New Yorker Twin Towers rasenden Flugzeugen einfach Angst vorm Fliegen haben: Der Lufthansa beispielsweise fehlen täglich rund 30.000 Passagiere, was pro Woche einen Verlust von hundert Mill. DM (51,1 Mill. Euro/704 Mill. S) bedeutet. Überhaupt herrscht seit dem 11. September bei fast allen tiefe Verunsicherung: Und wie immer in solchen Situationen werden größere Anschaffungen jetzt gern verschoben - der Konsum der Verbraucher nimmt stark ab. Dies wiederum trifft die auch schon vor denn Anschlägen schwächelnde Wirtschaft nochmals, ein verheerender Kreislauf hat begonnen. Die US-Wirtschaft beispielsweise entwickelt sich so schlecht wie in den vergangenen zehn Jahren nicht mehr. Weltweit geht das Gespenst der Rezession um - wenn man die genauen Daten nimmt, hat es auch Deutschland schon erwischt: Denn nach der allgemein gültigen Definition ist ein Land in der Rezession, wenn das Bruttoinlandsprodukt (BIP) zwei Vierteljahre hintereinander sinkt. In Deutschland ging es vom zweiten zum dritten Quartal um 0,1 Prozent zurück, zuvor war es bereits um 0,03 Prozent gesunken. Da auch für die nächsten Monate keine Entwarnung in Sicht ist, versuchen die Unternehmen weltweit mit drastischen Sparprogrammen ihre Bilanzen zumindest ansatzweise in Ordnung zu halten. Dabei werden nicht nur geplante Investitionen verschoben, sondern auch ganze Fabriken geschlossen - und Beschäftigte en gros entlassen: Allein in den USA summierte sich die Zahl der seit den Anschlägen angekündigten Entlassungen auf über 600.000. Hiobsbotschaften Auch in Deutschland gibt es immer neue Hiobsbotschaften. Unter anderem wird in dieses Jahr ein neuer Pleitenrekord fallen. Rund 33.000 Firmen gingen bankrott, dadurch verloren mehr als eine halbe Million Menschen ihren Arbeitsplatz. Doch auch ohne Pleiten wird kräftig entlassen: Kaum ein Tag, an dem nicht irgendein Unternehmen Stellenstreichungen verkündet - egal ob Luftfahrtbranche, Banken, Industrie oder Medienunternehmen. Allein in der deutschen Bauwirtschaft fielen in diesem Jahr nochmals 150.000 Stellen weg. Bei der Lufthansa gilt Kurzarbeit, der Reisekonzern Thomas Cook (Condor und Neckermann) streicht jede zehnte Stelle. Und natürlich hat der 11. September auch auf die Börse gewirkt. Am 11. September stürzten die Kurse innerhalb von Minuten um mehr als zehn Prozent, in den folgenden Tagen ging es noch weiter nach unten. Insgesamt verlor beispielsweise der Deutsche Aktienindex gut 20 Prozent seines Wertes. Doch so dramatisch die Börse zunächst reagierte, so schnell hat sie sich wieder erholt. Denn im Gegensatz zur allgemeinen Entwicklung gab es vom Handelsparkett zuletzt auch ermutigende Zeichen. Angesichts von zum Teil deutlichen Kursgewinnen träumen manche Anleger sogar schon von einer Jahresendrallye - und damit zumindest an den Börsen von einem versöhnlichen Abschluss dieses Horrorjahres. (APA)