Es ist Mitte der 80er, Bruno Kreisky steht am Höhepunkt seiner Wickel mit dem Hannes Androsch, Anton Benya plagt sich mit der Rapid und der Gewerkschaft, Michael Jacksons Album "Thriller" verkaufte sich wie die Sau, Falco veröffentlichte mit "Junge Römer" eine eher müdes Werk.Da sagt Benya zum Chef der Austria Tabak Werke, den Austria-Fan und Ex-Androsch-Sekretär Beppo Mauhart: "Ihr müssts schon einmal antreten auch wieder." Der ÖFB braucht zwei Jahre nach Karl Sekaninas Abgang dringend einen Präsidenten. "Sport löst Probleme" Mauhart übernimmt den "Bla-bla-Verein". 17 Jahre später ist der Fußball als wichtigster Zweig der Sportbranche, dem Boommarkt schlechthin, "ein konkurrenzloses Medienprodukt, eine Branche mit gesellschaftspolitischer Bedeutung". Mauhart sucht heute auch Koalitionen für eine im April kommenden Jahres zu schlagende ÖFB-Präsidentenwahl, was er sucht, ist freilich auch eine Position für den gern "Volkssport Nummer eins" genannten Sport, dessen Hauptcharaktere heute als Helden umschwänzelt, morgen als Gute-Laune-Hilfskräfte für Ministerressorts ausgenützt und morgen als Deppen verhöhnt werden. "Der Sport tut der Gesellschaft gut", sagt Mauhart, "weil er Probleme löst." Weniger Drogen, weniger Versuchungen. Die Politiker kümmerten sich zu wenig um den Sport, meint Mauhart. "Sie nützen ihn als Auftrittsplattform, aber sie nutzen seine gesellschaftsmächtige Kraft zu wenig. Auch wenn die gesellschaftlich-ideologische Reflexion des Fußballers nicht zu vergleichen sei mit der Wirkmacht des Künstlers, dessen Arbeit "von vornherein auf gesellschaftliche Veränderung angelegt" sei, so Mauhart. Fußball im Wandel der Zeit In den 17 Jahren seiner ÖFB-Präsidentschaft habe er mit "seinem wichtigsten Mitarbeiter, Gigi Ludwig", der zu Mauharts Antritt "Pressesprecher war, und den ich gleich zum Generalsekretär gemacht habe", viele kleine Schritte unternommen. Erst noch als ATW-General, der beispielsweise die Computerisierung des ÖFB durchzog. Mauhart hatte als Sponsor der Austria, der solcherart die Marke Memphis etablierte, mit dem Fußball und seinen Funktionären reichlich und enge Erfahrung. "Seit damals gibt es viel mehr Freizeit, aber es gibt auch viel mehr Beschäftigte, viel mehr Arbeitslose. Der Fußball hat starke Konkurrenz erhalten, früher war er ein ausgeprägtes Phänomen der Arbeiterklasse, heute ist er dank der Medien in der Gesellschaftshierarchie viel durchgehender präsent." Einschaltquoten demokratisieren quasi die Rezeption des Sports. Und doch hat sie es nicht zustande gebracht, den Sport als selbstständigen Artikel im EU-Vertrag zu platzieren, dort erscheint die wichtigste Freizeitbeschäftigung der Bürger nur in ihren wirtschaftlichen Äußerungen. Irgendwann wird der Sport auch im größeren Zusammenhang als Problemlöser betrachtet werden, über Leo Kirchs Finanzprobleme und die Imageprobleme großer Firmen und Banken hinaus, denen Fußballer und Vereine als Transmitter in die Öffentlichkeit dienen. Mauhart: "Das Bosman-Urteil hat den Fußball nach rein wirtschaftlich-markttechnischen Kriterien beurteilt, aber das ändert sich langsam in der EU, die sportspezifischen Kriterien werden ernst genommen." Einmal noch In Österreich kämpft Mauhart wahrscheinlich gegen einen großen Wirtschaftstreibenden, Frank Stronach, um den ÖFB-Posten. Bei diesem Mitbewerben geht es - unausgesprochenerweise - nicht zuletzt um die Grundsatzfrage, ob und wie solch große Subsysteme einer Gesellschaft, eines Landes, einer Kultur, überhaupt organisierbar sind. Oder muss man sich, beispielsweise, bei der Frage des Fußballnachwuchses auf das sozusagen natürliche Angebot verlassen? "Die Ausbildung ist sicher organisierbar", so Mauhart, "ein Instinktfußballer ist heutzutage irgendwann mit seiner Entwicklung am Ende, und wir stehen ja auch in einer Konkurrenz. Der Fußball muss sich mit einem besseren Angebot an die Eltern wenden als andere Sportarten, um zu bestehen." Richtlinien für die Ausbildung Der "österreichischer Weg" genannte Ausbildungsansatz biete "erstmals durchgehende Richtlinien", sagt Mauhart, bei aller Verschiedenheit von "Wien und einem Tiroler Bergdorf". Natürlich würden noch nicht überall optimal ausgebildete Trainer werken, natürlich sei vor allem die Verbindung mit der Schule sehr verbesserungswürdig. Wenn beispielsweise in Frankreich eine gesetzliche Verpflichtung besteht, den Fußball in der Schule zu fördern, sei er von der Direktorenwillkür unabhängig. In Österreich ruiniert die von Unterrichtsminister Elisabeth Gehrer forcierte Schulautonomie nicht nur die Herbstkontinuität des Lernens (Herbstferien), sondern speziell viele sportlich-pädagogische Lehransätze und -ziele (Wandertage, Schulskikurse, Schulsportwochen), abgesehen von der schleichenden Abwertung und Verringerung der Turnstunden. "Sport als Imageverbesserer" Ende 2002 läuft das Sportförderungsgesetz aus, eine Neuregelung müsse gut überlegt werden, sagt Mauhart, denn die Gefahr sei nicht von der Hand zu weisen, dass "statt der Forderung nach der Sportförderungsmilliarde, die ich unterstütze, am Ende weniger herauskommt". Das Anhängseldasein des Sport bei einem großen Ressort wie Bundeskanzleramt (Klima) oder Vizekanzleramt (Riess-Passer) sei für den Sport nicht nur positiv. "Denn Minister verwenden den Sport als Imageverbesserer." Die Teamcheffrage Und wer wird nun neuer Teamchef? Da lächelt der als arrogant verschriene Beppo Mauhart und schweigt. Paktfähig und diplomatisch war er immer, das ist ein Produkt seiner politischen Prägung in der Umgebung von Hannes Androsch. Mauhart: "Ich bin scheuer, als man glaubt, ich habe das alles nicht gebraucht. Und Spaß hat das alles erst wirklich gemacht, als ich nicht mehr bei der ATW war und Zeit hatte." Und jetzt würde er gerne noch einmal? "Ja", sagt er. (DER STANDARD-Printausgabe, Montag, 24.12.2001, Johann Skocek)