Etat
Kritik an Urteil gegen russischen Journalisten
Vorwurf der Anklage: Pasko habe geheimes Material weitergeleitet
Die Verurteilung des russischen
Militärjournalisten und Umweltschützers Grigori Pasko zu vier Jahren
Lagerhaft wegen Landesverrates ist auf scharfe Kritik gestoßen. Pasko
selbst legte am Mittwoch Beschwerde gegen den Spruch des
Militärgerichts der russischen Pazifikflotte in der fernöstlichen
Hafenstadt Wladiwostok ein, meldete die Nachrichtenagentur Interfax.Mironow will sich für Pasko einsetzen
In Moskau erklärte der Vorsitzende des Föderationsrates, Sergej
Mironow, formal der dritthöchste Politiker des Landes, er wolle sich
für den früheren Offizier einsetzen. "Ich verstehe, wie sich jemand
fühlt, der für etwas verurteilt wird, das er nicht begangen hat",
kritisierte er das Urteil. Die Marineführung und der russische
Inlandsgeheimdienst FSB nannten den Richterspruch dagegen gerecht.
Mironow kritisierte die langsame Reformierung der russischen
Rechtssystems. Die internationale Öffentlichkeit wisse genau, wer in
Paskos Fall Recht habe.
"Illusion zusammengebrochen"
"Heute ist eine Illusion zusammengebrochen, jetzt zeigt sich der
Preis für die Freiheit in Russland", hieß es in einem Brief der
Moskau-Helsinki-Gruppe. "Das Land versteht noch nicht, auf welchen
Weg das FSB es führt." Der Direktor von Amnesty International in den
USA, William Schultz, sprach von einem schweren Schlag für die
Menschenrechte in Russland. Paskos Fall erinnere an die Unterdrückung
während der Zeit der Sowjetunion.
Die Anklage wirft Pasko in dem seit 1997 dauernden Verfahren vor,
er habe geheimes Material über die Einsatzfähigkeit der Flotte an
japanische Medien weitergeleitet. Der Korrespondent der
Flottenzeitung "Bojewaja Wachta" hatte über die Verschmutzung des
Pazifiks durch nukleare und chemische Abfälle der Marine geschrieben.
Dabei hatte er für japanische Medien Videoaufnahmen über
umweltgefährdende Objekte der Flotte gesammelt.
In erster Instanz war Pasko 1999 zu drei Jahren Haft verurteilt,
wegen der langen Untersuchungshaft aber auf freien Fuß gesetzt
worden. Im Revisionsprozess erkannten die Richter den vom FSB
erhobenen Vorwurf des Landesverrates nur in einem von fünf Fällen an.
Sie ließen Pasko am Dienstag noch im Gerichtssaal verhaften. Für die
Überprüfung des Urteils ist das Militärkollegium des Obersten
Gerichts Russlands zuständig. Die Zeitung "Wedomosti" in Moskau
nannte den Spionagevorwurf ungerechtfertigt. Das Urteil sei ein
"Angriff der Staatsmacht auf die Pressefreiheit".
"Eine Verletzung des Fahneneides, der Gesetze und Regeln zum
Schutz militärischer Geheimnisse werden immer als Angriff auf die
staatliche Sicherheit verstanden werden", erklärte dagegen
Marinesprecher Igor Dygalo. Der russische Inlandsgeheimdienst hat in
den vergangenen Jahren mehrfach Soldaten oder Wissenschaftler, die
sich in Umweltfragen engagierten, mit lang gezogenen Verfahren wegen
angeblicher Spionage unter Druck gesetzt.(APA/dpa/AP)