Premstätten - "Die Delle wird auch bei uns kommen, aber wir sind gut vorbereitet." Hubertus Christ, Automotiv-Chef der "austriamicrosystems AG", spielt den Erfolg des österreichischen Chipherstellers herunter. 35 Prozent ist die Chipindustrie heuer eingebrochen - das in Premstätten bei Graz ansässige Hightech-Unternehmen erwartet 20 Prozent Plus. Möglich sei dies durch die tief greifende Umstrukturierung, führt Technikvorstand Wolfgang Pribyl im Gespräch mit dem S TANDARD aus. Telekom-einbrüche habe man so durch rasantes Wachstum in den Bereichen Automotive und Industrie mehr als kompensiert. Den Premstättnern kommt zugute, dass in Autos immer mehr Elektronik eingesetzt wird. Auch bei den "by wire"-Themen, also der Ablöse von mechanischen Systemen durch computergesteuerte, ist man vorne mit dabei. Experten erwarten hier in den nächsten Jahren weltweit einen gewaltigen Wachstumsschub. Autoelektronik boomt Austriamicrosystems ist mit DaimlerChrysler, Opel, Bosch und anderen verbandelt, fast mit der gesamten europäischen Autoindustrie. "In jedem Mercedes arbeiten sieben Chips von uns", rechnet Unternehmenssprecher Urs Harnik vor, jeder Autoschlüssel sei mit hauseigenen Steuerungschips ausgerüstet. Bei elektronischen Wegfahrsperren sind die Steirer Weltmarktführer, seit 1995 wurden 30 Mio. Systeme ausgeliefert. Und weil man in Europa schon überall drin ist, nimmt man jetzt die USA aufs Korn. Das US-Geschäft sei "sehr expansiv", umschreibt Pribyl die Entwicklung in Nordamerika. Dazu war eine Erweiterung der Kapazitäten dringend erforderlich. Die um 305 Mio. EURO (rund 4,2 Mrd. S) errichtete 200-mm-Wafer-Fabrik, in der eine neue Generation Halbleiter erzeugt werden, nimmt im Jänner 2002 offiziell ihren Betrieb auf. Das ermöglicht eine Vervierfachung der Kapazitäten. Die in Rekordtempo von 14 Monaten hochgezogene neue Fabrik ist eines der größten Hightech-Investitionen Österreichs der vergangenen 15 Jahre, die daran geknüpften Erwartungen sind hoch. Man wolle damit die Umsätze in den kommenden drei, vier Jahren verdoppeln, erläutert Harnik. Heuer rechnet man mit einem Umsatz von 145 Mio. EURO (rund zwei Mrd. S) nach 121,9 Mio. EURO im Jahr davor. Wahrscheinlich Nemax Um das Projekt zu stemmen, zog sich austriamicrosystems im August 2000 nach einem Aktienrückkauf-Programm von der Börse zurück, wo man sich 1993 eingeführt hatte. Der Alleinaktionär, Permira Europe, vertritt eine internationale Investorengruppe. Das 1991 von American Microsystems Inc. gegründete Unternehmen beschäftigt heute 940 Mitarbeiter. Die Rückkehr an die Börse kündigt Harnik für die "nächsten zwei bis drei Jahre" an, "sobald die neue Fabrik voll läuft". Wien wird's nicht werden, am wahrscheinlichsten scheint eine Platzierung an der Frankfurter Wachstumsbörse Nemax. Auch im Geschäftsbereich Kommunikation gibt es interessante News. So habe man ein Patent für ein Handy mit "Wurlitzer"-Funktion angemeldet. Damit könne man sich "MP3-Files in kürzester Zeit herunterladen", so Harnik. "Ein potenzieller Massenmarkt." Apropos Massenmarkt: austriamicrosystems stattet "ganz Indien mit Telefon-Chips" aus. Das dortige Festnetz sei im Aufbau, es gehe um sieben bis acht Mio. Telefonneuanmeldungen pro Jahr. Das Auftragsvolumen spiele im dreistelligen Millionen-Schilling-Bereich. (Andreas Stockinger, DER STANDARD, Printausgabe 27.12.2001)