Newcastle/Wien - "Die Belastung aquatischer Ökosysteme durch fremde Arten, die mit Ballastwasser einwandern, ist ein globales Problem, das auch Europa mit seinen langen Küsten und seinem traditionell starken Schiffstransport betrifft", berichtet Eshan Mesbahi (Marine Technology, University of Newcastle): "Wir wollen herausfinden, wie weit thermische Verfahren zur Lösung beitragen können."Ballastwasser - Schiffe tragen es zu ihrer Stabilisierung in eigenen Tanks mit sich - reist in enormen Mengen rings um den Globus, über zehn Millionen Tonnen sind im Jahr unterwegs, werden im einen Hafen aufgenommen und im anderen abgepumpt. Mit dabei sind Lebewesen aller Art, von Fischen bis Bakterien, geschätzte 3000 bis 5000 Arten sind dauernd unterwegs. Viele überleben die Reise nicht, viele überleben die Umweltbedingungen am Ankunftsort nicht, aber manche machen sich dort breit, als "Bioinvasionen", die keine Feinde haben und sich ungehemmt ausbreiten können. Qualle zerstört Meer So sind etwa europäische Zebramuscheln zur Plage für die Großen Seen der USA geworden, so ist in Gegenrichtung einer der schlimmsten Invasoren mit Ballastwasser aus den USA ins Schwarze Meer gereist, eine kleine Qualle (Mneniopsis). 1982 kam sie an, fraß Fischeier und Zooplankton und brachte das ohnehin stark gefährdete Ökosystem an den Rand des Zusammenbruchs: Heute bestehen 90 Prozent aller Biomasse im Schwarzen Meer aus den Quallen. Und sie bleiben nicht im Schwarzen Meer, über Kanäle sind sie - wieder mit Ballastwasser - schon ins Kaspische Meer gelangt. Gegenmittel gibt es bisher keines, man behilft sich fallweise mit dem Austausch des Ballastwassers auf hoher See. Aber der ist erstens nur empfohlen - nur für die Großen Seen der USA verbindlich -, zweitens nicht bei jedem Seegang möglich und drittens nicht sehr effektiv. Deshalb sucht man weltweit nach technischen Lösungen, mit denen das Wasser gefiltert und/oder sterilisiert werden kann: Man experimentiert mit Pestiziden, Chlor und UV-Strahlen. Die Forscher in Newcastle setzen auf Hitze, die manche Schiffe ohnehin erzeugen: Tanker heizen beim Beladen das Öl, um es zu verflüssigen, Frachtschiffe werden experimentell mit zusätzlichen Boilern ausgestattet. Beide Verfahren bringen im Experiment das Wasser auf 70 Grad. "Es gibt Lebewesen, die das überleben und noch 130 Grad aushalten", konzediert Mesbahi, "aber es gibt ohnehin nicht das Verfahren, das für alle Schiffe und Regionen optimal ist." (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 27. 12. 2001)