Europa
Allmählich Lachen über die Union in Deutschland
Entscheidung über Schröders Herausforderer bei der Wahl am 22. September rückt immer näher
Berlin - Der Kabarettist Robert Grieß will nach eigenem Bekunden nur das
Beste für die Union. "Andere wollen Wale oder Bäume retten - ich will
die Opposition retten." "Damit die quälende Selbstzerstörung ein Ende
hat", bot sich der Kölner in einem "offenen Brief" an CDU/CSU als
deren Kanzlerkandidat an. Er verwies auf einen "immensen
Glaubwürdigkeitsvorsprung - schließlich bin ich kein Parteimitglied".
Für CDU und CSU wird
die K-Frage zunehmend zum Machtkampf zwischen ihren
Vorsitzenden Angela Merkel und Edmund Stoiber. Kaum ein Tag vergeht,
an dem nicht eine Zeitung unter Berufung auf ein nicht genanntes
Mitglied der Unionsführung den neusten Wasserstand vermeldet. Die große Mehrheit der Bürger hat bereits die Nase voll davon. Eine
Umfrage für den "Spiegel" ergab kürzlich, dass 65 Prozent der
Bewohner Deutschlands meinen, der andauernde Streit schade dem Image
von CDU und CSU. Trotz dieses Ergebnisses und immer neuer
Spekulationen wollen die Parteispitzen der Union am Zeitplan für die
Nominierung des Herausforderers von Bundeskanzler Gerhard Schröder
festhalten. "Anfang 2002", heißt es tapfer.
Nur eine Option: Stoiber oder Merkel
Jetzt sieht es ganz danach aus, als solle der interne Krach noch im
Jänner beigelegt werden. Die "Bild"-Zeitung berichtete am Donnerstag,
Stoiber und Merkel wollten sich bis zum 20. Jänner zunächst
untereinander einigen. "Beide wissen, dass bis zu diesem Zeitpunkt
weißer Rauch aufsteigen muss", zitierte das Blatt ein nicht genanntes
CDU-Präsidiumsmitglied. Am 21. Jänner ist die parlamentarische
Winterpause zu Ende. "Die Fraktion erwartet dann Klarheit", betonte
die CDU-Quelle laut "Bild".
Fest steht inzwischen wohl, dass die Entscheidung zwischen Stoiber
und Merkel fällt. Alle anderen Optionen wie der frühere CDU-Chef
Wolfgang Schäuble oder ein anderer Ministerpräsident als Stoiber sind
offenbar vom Tisch. Der CSU-Chef soll klar erklärt haben, er sei zur
Kandidatur bereit, wenn ihn beide Parteien mit deutlicher Mehrheit
rufen. Merkel hielt laut Presseberichten dagegen: "Ich weiß, dass
Edmund Stoiber es werden will. Aber ich will es auch!"
Koch erwartet interne Einigung
Zwar gehen führende Christdemokraten wie der hessische
Ministerpräsident Roland Koch davon aus, dass sich Merkel und Stoiber
intern einigen werden. In Berlin wird aber inzwischen auch eine
Kampfabstimmung für möglich gehalten. Merkel und Stoiber gelten beide
als Dickköpfe, die ungern verlieren. Mit Blick auf Spekulationen, er
werde aufgeben, wenn Merkel ebenfalls antreten wolle, soll Stoiber im
kleinen Kreis verkündet haben, er stehe fest zu seiner Absicht, bei
der Wahl am 22. September Schröders Gegenspieler zu werden. Merkel
wiederum soll bereit sein, es - zum Beispiel in der
Bundestagsfraktion - auf eine Kampfabstimmung ankommen zu lassen,
falls Stoiber nicht nachgibt. Beide Kandidaten versuchen, in den
Landesverbänden Mehrheiten für sich zu organisieren. Merkel sprach in
jüngerer Zeit mit vielen wichtigen CDU-Politikern in Bund und
Ländern. Stoiber teilte laut Presseberichten mehreren
CDU-Ministerpräsidenten mit, er stehe zur Verfügung.
Einigkeit besteht momentan aber darin, dass Stoibers Forderung
erfüllt werden soll, denjenigen ins Rennen zu schicken, der die
besten Erfolgsaussichten habe. Kabarettist Grieß sieht sich hier im
Vorteil: "Alle Wahlen, zu denen ich bisher angetreten bin, habe ich
gewonnen: In der dritten, vierten und neunten Klasse war ich
Klassensprecher." (APA)