Literatur
Shakespeare-Forscher Jan Kott ist tot
Der polnische Dramaturg, Literaturkritiker und Schriftsteller starb 87-jährig im kalifornischen Exil
Wien - Der polnische Dramaturg, Literaturkritiker und
Schriftsteller Jan Kott ist im Alter von 87 Jahren im kalifornischen
Exil gestorben. Das meldete die Tageszeitung "Die Presse" in ihrer
Donnerstags-Ausgabe ohne nähere Angaben. Weltbekannt wurde Kott mit
seinem Buch "Shakespeare heute" (1964), das großen Einfluss auf die
damalige Regie-Avantgarde, wie etwa Peter Brook, ausübte.Von König Lear zu Becketts "Endspiel"
Kott schälte aus Shakespeares Dramen die großen Szenen des
Absurden, Sinnlosen, Mechanisch-Mörderischen heraus, setzte sie in
Beziehung zur blutigen Geschichte des 20. Jahrhunderts und zog etwa
eine direkte Linie von König Lears Selbstmord-Versuch zu Becketts
"Endspiel".
Im Konflikt mit dem polnischen Regime
Der katholisch getaufte Sohn aus einer jüdischen Warschauer
Bürgerfamilie war nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst bekennender
Marxist, geriet aber im Zuge der poststalinistischen Repressionen in
Konflikt mit dem polnischen Regime. Nach antisemitischen und
anti-intellektuellen Anfeindungen wanderte Kott Mitte der sechziger
Jahre in die USA aus. Achim Benning engagierte ihn 1977 als
dramaturgischen Berater an das Wiener Burgtheater. (APA)