International
US-Kardinal: Bin Laden "talentierte, charismatische Persönlichkeit"
McCarrick: Terroristenführer hätte viel Gutes tun können
Washington - Der Terroristenführer Osama bin Laden ist nach
Einschätzung des Washingtoner Kardinals Theodore McCarrick
"offensichtlich eine außergewöhnliche, talentierte, charismatische
Persönlichkeit", die ihre Begabungen jedoch leider nicht für gute
Zwecke eingesetzt hat. Bin Laden hätte "ein großer Führer sein" und
viel Gutes tun können, sagte der Erzbischof von Washington laut
Kathpress im US-Fernsehsender NBC. Er habe seine Talente jedoch
weggeworfen und sei "von Hass, Vergeltung und dem Wunsch nach
Zerstörung erfüllt". Weiter sagte der Kardinal: "Ich weiß nicht, was ich zu ihm sagen
würde, wenn ich ihm begegnete. Ich hoffe, dass ich fähig wäre, ihm zu
vergeben". Zu vergeben, sei sicher sehr schwer. Aber Gott verlange
vom Menschen auch Dinge, die nicht leicht sind.
Auf die Frage, wie Gott derartiges Leid wie die Terroranschläge
vom 11. September zulassen könne, sagte McCarrick: "Gott hat uns
Menschen einen freien Willen gegeben, und Gott respektiert dies.
Deshalb gebe es in der Welt Heilige, wie etwa Mutter Teresa, und
Übeltäter. "Gott zeigt seinen Respekt für die Menschen darin, dass er
uns weder zwingt, Heilige zu werden, noch uns zwingt, keine Heiligen
zu sein", fügte er hinzu.
Weiter wies er daraufhin, dass auch der Islam keine
terroristischen Anschläge rechtfertige und ebenso wie das Christentum
eine friedliche Religion sei. Was "Bin Laden und andere islamistische
Terroristen unter "wahrem Islam" verstünden, sei - auch aus
muslimischer Sicht - "eine Karikatur einer Religion". Solche
Abirrungen seien anderen Religionen ebenfalls widerfahren, auch dem
Christentum. Um dem entgegenzuwirken, müssten sich die Religionen
immer wieder "reinigen". "Die wahre Religion ist Liebe, Frieden,
Gerechtigkeit, Freude an Gott, Dank an ihn und dem Nächsten die Hand
entgegenstrecken", so der Erzbischof von Washington. (APA)