Beirut - Mit der Forderung, gegen die von ihnen als terroristisch eingestufte Schiitenorganisation Hisbollah vorzugehen, haben die USA die libanesische Führung in eine denkbar unangenehme Situation gebracht. Syrien und der Iran nahmen die Gelegenheit sogleich wahr, auf ihr Mitspracherecht bei allen Entscheidungen im Zedernstaat zu pochen. Nachdem Beirut das Einfrieren von Hisbollah-Konten empört abgelehnt hat, blieb es einem iranischen Regierungsemissär vorbehalten, die Unverletzlichkeit der Hisbollah-Privilegien im Libanon zu verkünden. Die "Partei Gottes" bleibe "bis zum vollständigen Ende der israelischen Okkupation" bewaffnet, erklärte der iranische Vize-Außenminister Mohammad Sadr nach einer längeren Unterredung mit dem libanesischen Staatspräsidenten Emile Lahoud am Donnerstag in Beirut. Sadr hatte dem Staatschef eine Botschaft von Präsident Mohammad Khatami überbracht, über deren Inhalt keine Angaben gemacht wurden. "Solange die Okkupation andauert, hat der Libanon das Recht, sich dagegen zu wehren", sagte der Teheraner Vizeminister, der sich auf die umstrittenen so genannten Shebaa-Ländereien im Dreiländereck Israel-Libanon-Syrien bezog. Die führende Beiruter Tageszeitung "An Nahar" berichtete, Teheran überweise der Hisbollah-Führung unter Scheich Hassan Nasrallah weiterhin zehn Millionen US-Dollar monatlich. Grund der Aufregung Äußerungen des amerikanischen Botschafters in Beirut, Vincent Battle, über die Hisbollah hatten zu einer schweren Verstimmung im Verhältnis zwischen der libanesischen Regierung und den USA geführt. Präsident Lahoud sah sich zu einer offiziellen Klarstellung veranlasst, dass die Hisbollah, die im Parlament über eine eigene Abgeordnetenfraktion verfügt, keine terroristisch ausgerichtete Organisation sei. Battle wies die Aussagen des christlich-maronitischen Staatsoberhauptes in einem Interview für einen privaten Fernsehsender als "nicht überzeugend" zurück. Das ungewöhnliche Verhalten des Diplomaten sorgte für allgemeine Empörung. Schiitische Parlamentarier forderten die Regierung auf, den US-Botschafter zur "unerwünschten Person" zu erklären. Battle hatte die Hisbollah unter anderem beschuldigt, auch Terrorakte der Palästinenser-Organisationen Hamas und "Islamischer Heiliger Krieg" gegen Israel zu steuern. Die "Partei Gottes" und ihre Miliz verfügen über annähernd 7000 Kämpfer. Nach dem israelischen Rückzug aus dem Südlibanon im Mai 2000 war die Hisbollah-Miliz triumphierend in die von der israelischen Armee und deren Hilfsmiliz SLA ("Südlibanesische Armee") geräumten Ortschaften vorgerückt. Gegründet wurde die Hisbollah 1982 nach dem israelischen Einmarsch im Libanon im Auftrag des Teheraner Revolutionsregimes von Ayatollah Khomeini, um den "Kampf gegen die Zionisten aufzunehmen". Sie wurde zur dominierenden politischen und militärischen Kraft des schiitischen Bevölkerungsteils im Libanon. (APA)