Paul Vecsei, Vertreter der Journalistengewerkschaft im Presserats-Präsidium, befürchtet angesichts des Austritts des Verbandes Österreichischer Zeitungen (VÖZ), "dass ein weisungsfreier und unabhängiger Presserat durch die Hintertür abgeschafft werden soll". Die Gewerkschaftsvertreter haben eine Vollversammlung zum VÖZ-Austritt beantragt. "Der Presserat ist intakt, den kann niemand abberufen", betonte Vecsei - und nannte die Ankündigung des VÖZ eine "Stinkbombe mitten in die Weihnachtsferien hinein"."Offenbarungseid" Das unabhängige Agieren der einzelnen Mitglieder im Presserat "scheint einige Leute zu stören", so Vecsei Freitag gegenüber der APA. Tatsächlich würden nämlich die entsandten Mitglieder und nicht die Trägerorganisationen im Presserat agieren. Ein "Offenbarungseid" des VÖZ sei es auch, in dem Zeitpunkt auszutreten, in dem die Journalistengewerkschaft mehr Geld für den schon seit langem auf den Lippen geführten Ausbau des Selbstkontrollorgans bereitstellen wollte. "Eine neue Stilart" Offensichtlich werde vom anderen Sozialpartner, dem VÖZ, jetzt "eine neue Stilart gepflogen". Die Gewerkschaft wolle einen solchen Stil nicht, "aber wir sind notfalls darauf vorbereitet. Ich würde dringend zur Mäßigung im Verhalten raten und dringend warnen, etwas anzuzünden", so Vecsei. Vecsei verwies darauf, dass die Funktionsperiode der Mitglieder zwei Jahre und damit bis Ende 2002 dauere. Bis dahin gebe es auch einen funktionsfähigen Presserat, wenn die vom VÖZ entsandten Mitglieder "das freie Mandat, das sie haben, wahrnehmen". Die Vollversammlung könne auch gültige Beschlüsse, "welche auch immer", fassen, wenn die Beschlussfähigkeit mit Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder gegeben ist. In der Vollversammlung sind VÖZ und Gewerkschaft mit je zehn, der Zeitschriftenverband und der Presseclub Concordia mit je zwei Mitgliedern vertreten. Christa Karas: "Unerhörter Affron gegenüber Twaroch Auch die Journalistin Christa Karas, ebenfalls Präsidiumsmitglied und stellvertretende Senatsvorsitzende im Presserat, schloss sich der Kritik ihrer Kollegen an: "Die Vorgangsweise des VÖZ ist nicht nur in höchstem Maß befremdlich, sondern auch ein unerhörter Affront gegenüber dem von ihm entsandten derzeitigen Vorsitzenden Dr. Paul Twaroch", meinte sie. Die Annahme, dass es dem VÖZ darum gehe, die bisher gegebene Unabhängigkeit der Presserats-Mitglieder abzuschaffen, ist auch für Karas "naheliegend". (APA)