Sarajewo/Wien - In Bosnien-Herzegowina gibt es einen Konflikt über die Verwendung der Gelder, die die ehemalige Teilrepublik aus dem gemeinsamen Vermögen Ex-Jugoslawiens erhalten hat. Die serbischen Abgeordneten in der Völkerkammer des Parlaments in Sarajewo haben das entsprechende Gesetz zweimal abgelehnt, weil sie verhindern wollen, dass der Ministerrat über die Verwendung der Gelder entscheidet. In einer am Freitag verbreiteten Presseerklärung zeigte sich der internationale Bosnien-Beauftragte Wolfgang Petritsch "enttäuscht und besorgt" über diese "Obstruktion". Nun sei das Funktionieren vieler zentralstaatlicher Institutionen, wie des Grenzschutzes oder des Verfassungsgerichts in Gefahr, da ihnen die finanziellen Mittel fehlen, stellte Petritsch fest. Am Donnerstag beschloss der Ministerrat das Gesetz in abgeänderter Form erneut, meldete die amtliche Nachrichtenagentur ONASA. Nun sei vorgesehen, dass die Regierung dem Parlament halbjährlich über die Verwendung der Sukzessionsgelder berichtet. Zurückgewiesen wurde aber die Forderung serbischen Abgeordneten, dass das Parlament die Entscheidungsgewalt über die Gelder bekommt. Unklar war, ob die Völkerkammer bereits am Freitag wieder über das Gesetz beraten wird oder, wie dies ihr Vorsitzender Sejfudin Tokic am Mittwoch angekündigt hatte, erst im Jänner. Zustimmung der zweiten Kammer Das Abgeordnetenhaus, die zweite Kammer des Parlaments, hatte dem Gesetz über die Verwendung der Sukzessionsgelder bereits im November zugestimmt. Sie sind im Budget 2001 eingeplant, können aber erst nach Zustimmung der Völkerkammer tatsächlich locker gemacht verwendet werden. Konkret handelt es sich nach Angaben von ONASA um neun Millionen Konvertible Mark für die Institutionen des Zentralstaats, etwa acht Millionen KM (4,09 Mill. Euro/56,3 Mill. S) zur Bezahlung von Außenständen bei internationalen Organisationen und weitere 4,6 Millionen KM zur Begleichung von Schulden. Das Budget belaufe sich auf insgesamt 351,5 Millionen KM. Auf der Grundlage einer Vereinbarung der ehemaligen Teilrepubliken Jugoslawiens über die Aufteilung des gemeinsamen Vermögens, die im Juni in Wien unterzeichnet wurde, erhält Bosnien-Herzegowina 151,5 Millionen KM. Der Löwenanteil, 51 Millionen KM, sollen für ausständige Pensionszahlungen verwendet werden. Nach dem unter Federführung der USA geschlossenen Daytoner Abkommen von 1995 besteht der Staat Bosnien-Herzegowina aus zwei separaten territorialen Einheiten ("Entitäten") - der "Serbischen Republik" und der "Bosniakisch-Kroatischen Föderation". Petritschs Amtszeit als Hoher Repräsentant endet im August kommenden Jahres. (APA)