Neu Delhi/Islamabad - Trotz internationaler Mahnungen zur Mäßigung hat Indien gegen Pakistan neue Drohungen gerichtet. Der indische Innenminister Lal Krishna Advani kündigte am Freitag eine "Schlacht" an, weil Pakistan mit dem Terroranschlag auf das indische Parlament vom 13. Dezember alle Grenzen überschritten habe. Nach drei Kriegen zwischen beiden Ländern habe Pakistan einen Stellvertreterkrieg begonnen, nun werde Indien eine "entschiedene Schlacht gegen den Stellvertreterkrieg schlagen". Dabei werde sich Indien nicht von außen beirren lassen.

Angesichts der Spannungen werde Indien die Verstärkung seiner Truppen entlang der Grenze in den nächsten zwei bis drei Tagen abschließen, sagte der indische Verteidigungsminister George Fernandes. Die Luftwaffe habe bei einem Treffen mit Fernandes Vorschläge unterbreitet, wie Lager extremistischer Muslime auf pakistanischem Gebiet angegriffen werden könnten, berichtete die Zeitung Indian Express.

Der pakistanische Generalmajor Rashid Qureshi sagte, Pakistan werde auf die aggressiven Schritte Indiens mit Zurückhaltung reagieren. Bei dem pakistanischen Truppenaufmarsch handle es sich um eine Defensivmaßnahme. Ein Einsatz atomarer Waffen sei für "verantwortungsbewusst denkende Nationen" wie Indien und Pakistan undenkbar. Ein Sprecher des Außenministeriums ergänzte, die Regierung wolle alle zur Verfügung stehenden diplomatischen Wege nutzen, um die Lage zu entspannen.

Trotz andauernder Scharmützel an der Demarkationslinie, die wieder zahlreiche Menschen zur Flucht aus ihren Heimstätten bewegten, wird kein unmittelbar bevorstehender Militärschlag zwischen beiden Ländern erwartet. Auch der Leiter der UNO-Beobachtungsmission in Indien und Pakistan, der österreichische Brigadier Hermann Loidolt, rechnet nicht damit. Im ORF vertrat er am Freitag die Meinung, es werde bei Säbelrasseln bleiben.

Indien hat trotz scharfer Töne seine jüngsten Forderungen an Pakistan nicht mit einem Ultimatum verbunden. Die Frist für die Reduzierung des Botschaftspersonals um die Hälfte wurde bis zum 5. Jänner verlängert. Der indische Regierungschef Atal Behari Vajpayee und Pakistans Militärmachthaber Pervez Musharraf wollen in der nächsten Woche an einer Regionalkonferenz südasiatischer Staaten in Nepal teilnehmen.

(DER STANDARD, Print- Ausgabe, 29/30. 12. 2001)