Der kenianische Schriftsteller Mwangi schildert die Verbindungen zwischen der einträglichen illegalen Jagd auf Elfenbein und Nashörner und dem internationalen Drogen- und Waffengeschäft. Auf der einen Seite stehen die Nationalparkranger, die - egal ob weiß oder schwarz - täglich ihr Leben riskieren und dadurch in unverbrüchlicher Loyalität zusammenhalten, auf der anderen Seite die bestens bewaffneten Wilderer und ihre internationalen Auftraggeber, bei denen die Hautfarbe ebenfalls keine Rolle spielt. Skrupellose Abzocker hier wie dort, der lange Arm der Mafia agiert längst global. In spannenden Parallelen werden der Kampf in der einsamen Savanne und die finsteren Ränke in der Luxusvilla eines einheimischen "Geschäftsmannes" beschrieben. Mwangi schafft sich mit Sätzen, dass in Nairobi Korruption zum Lebensstil gehört, natürlich keine Freunde bei den Politikern. So ist es kein Wunder, dass die Verfilmung von Die Wilderer in Kenia verboten wurde. Ein Grund mehr, hinter die Safari-Kulissen zu schauen. Meja Mwangi, Die Wilderer. Aus dem Englischen von Peter Friedrich. öS 123,-/EURO 8.90/ 222 Seiten. Unionsverlag, Zürich 2001.

Säde ist wütend. Als Mitarbeiterin in einem Frauenschutzzentrum erlebt sie wieder einmal, dass eine Frau vor ihrem gewalttätigen Ehemann, der sie bereits jahrelang misshandelt hat, nicht wirklich geschützt werden konnte. Irja, die wegen der Kinder immer wieder zu ihrem Peiniger zurückgekehrt war, wurde erschlagen. Säde fragt sich allmählich, ob die Politik des Frauenschutzzentrums richtig ist. Soll "die Familie" unter allen Umständen wieder zusammengekittet werden, auch wenn abzusehen ist, dass die Männer wieder rückfällig werden? Säde beschließt, diese Heile-Welt-Ideologie nicht mehr zu akzeptieren, und als sich die Gelegenheit ergibt, einen der Schläger durch einen inszenierten Unfall zu eliminieren, zögert sie nicht mehr . . .Nur leider gibt es einen ganzen Haufen widerlicher Individuen, die auf Frauen und Kinder losgehen, und Säde bekommt mehr als genug zu tun. Die finnische Autorin erweist sich als einfühlsame Kennerin der Gewaltproblematik; ihr Schwanken zwischen Selbstjustiz und schwarzem Humor bleibt jedoch zwiespältig. Leena Letholainen, Zeit zu sterben. Aus dem Finnischen von Gabriele Schrey-Vasara. öS 127,-/EURO 8.90/ 286 Seiten, rororo, Reinbek bei Hamburg 2002.

Das köstliche Paar Petra Delicado und Subinspetor Fermin Garzon ist wieder unterwegs, diesmal nicht nur im angestammten Revier in Barcelona, sondern auch in Moskau. Und das kommt so: Die Inspectora erhält merkwürdige Post. Mehrere kleine Päckchen trudeln ein, die alle den chirurgisch exakt abgeschnittenen Penis eines Mannes enthalten. Leben die dazugehörigen Besitzer noch? Wurden sie umgebracht? Es gibt keine Leichen, denen die delikaten Teile fehlen. Eine Spur führt schließlich nach Moskau, wo nicht nur ein sehr attraktiver Kollege mit leichtem Hang zur Nekrophilie für heiße Nächte sorgt, sondern auch die Kunde von einer bizarren Sekte mit historischer Tradition. Deren originelles Gedankenkonstrukt zielt darauf ab, die absolute Reinheit zu erreichen und sich dafür freiwillig aller "schmutzigen" Relikte zu entledigen. Die Autorin weist darauf hin, dass diese Abstrusitäten - zumal in einem nach wie vor erzkatholischen Land - durchaus einen realen Hintergrund haben. Nun, zumindest kann man dem Plot Originalität nicht absprechen, und im Übrigen ist Boten der Finsternis wieder handwerklich und sprachlich perfekt gelungen. Alicia Gimenez-Bartlett, Boten der Finsternis. Aus dem Spanischen von Sybille Martin. öS 138,-/EURO 10/233 Seiten. Unionsverlag, Zürich 2001.

Wem nach gnadenlosem Trash zumute ist, der liegt bei Pittler richtig. Nach der herzerweichenden autobiografischen Teenie-Prosa Der Sommer der großen Erwartungen versucht er es jetzt mit einem Krimi. Ein seltsamer hybrider Privatdetektiv, der sich nach einem Österreichaufenthalt in England als außenpolitischer Mitarbeiter des STANDARD ausgibt, wird angeheuert, um Prince Charles bei einem Irlandbesuch vor politischen Attentätern zu schützen. Es versteht sich von selbst, dass das merkwürdige Vorhaben meistens in Strömen von Alkohol ertrinkt, schließlich ist man im Land der Pubs. Drakes reichlich stümperhafte Annäherungsversuche an die folkloristisch überzeichneten Freiheitskämpfer führen zu allerlei Verwicklungen. Er wird andauernd in slapstickartige Katastrophen verstrickt, hat meistens keine Ahnung, was los ist, auch nicht beim Showdown, und kommt dennoch davon. Manchmal ist der tristen Realität eben nur mit Satire beizukommen.

Andreas Pittler, Der Sündenbock. öS 149,-/EURO 10,90/206 Seiten. Wieser, Klagenfurt, 2001.

(Von Ingeborg Sperl - DER STANDARD, Album, 29.12.2001)