Europa
Putin schafft Begnadigungskommission ab
Recht auf Begnadigungen soll an Gouverneure delegiert werden
Moskau - Der russische Präsident Wladimir Putin hat eines
der Symbole nachsowjetischer Liberalität, die Begnadigungskommission,
abgeschafft. Wie Kommissionschef Anatoli Pristawkin am Freitag nach
einem Treffen mit dem Präsidenten in Moskau mitteilte, unterzeichnete
Putin einen entsprechenden Erlass. Das Präsidialamt veröffentlichte
den Erlass zunächst nicht. Putin hatte zuvor seine Unzufriedenheit mit der Arbeit der
Kommission erkennen lassen, die als letzte Hoffnung für rund eine
Million Strafgefangene in heruntergekommenen und überfüllten
Gefängnissen Begnadigungsempfehlungen an ihn weiterleitet. Es seien
zuviele Gnadengesuche für verurteilte Mörder ausgesprochen worden.
Putin kündigte an, das Recht zu Begnadigungen an Gouverneure zu
delegieren.
60.000 Begnadigungen
Die Kommission wurde 1991 nach dem Zerfall der Sowjetunion von
Putins Vorgänger Boris Jelzin geschaffen. Sie erreichte Begnadigungen
für 60.000 Häftlinge. In diesem Jahr begnadigte Putin nur 21 von
2.000 Häftlinge, deren Fall ihm mit der Empfehlung zum Straferlass
vorgelegt wurde. Das Justizministerium hat der Kommission Unfähigkeit
vorgeworfen. Pristawkin hält dem entgegen, dass die
Sicherheitsbehörden mit der Auflösung seiner Kommission ihre weit
reichenden Vollmachten sichern wollen. In russischen Gerichten würden
oft drakonische Strafen ausgesprochen: Für den Diebstahl einer Ziege
seien schon mehrere Jahre Gefängnis verhängt worden. (APA/AP)