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Frankfurt - Wenige Tage vor der Ausgabe desEuro-Bargeldes haben der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schrödersowie führende Notenbanker der Europäischen Zentralbank (EZB) inZeitungen für die Akzeptanz der Gemeinschaftswährung geworben. Schröder regte die Bürger dazuan, den Blick nach vorne zu richten: "Ganz wie die Beatles ... es inihrem Song 'Hello-Goodbye' gesungen haben: 'Ich weiß nicht, warum Du'Goodbye' sagst - ich sage 'Hallo'". "Dramatisch positive Wirkungen" Bundeskanzler Wolfgang Schüssel hat parallel dazu dafür plädiert, "dem Schillingnicht nachzuweinen". Der Euro habe "dramatisch positive Wirkungen",betonte Schüssel in einem Interview mit der Tageszeitung "Kurier" vom Sonntag: "Wenn jedes Land die wirtschaftlichen Folgen des11. September ohne gemeinsame Geld- und Konjunkturpolitik hättebewältigen müssen, hätte es möglicherweise Abwertungs-Kaskaden wie inden Neunzigerjahren gegeben. [...] Wir sollten uns freuen, dass eine Vision verwirklicht wird und eszum ersten Mal ein europäisches Zahlungsmittel gibt. Das wird imAlltag Europa viel stärker zusammenschweißen, als es Symbole wie dieHymne oder die Fahne könnten. Dass mit demSchilling ein Stück nationaler Identität verschwindet, glaubtSchüssel nicht. "Die liegt woanders, vor allem im kulturellenBereich. Da ist Österreich bestens versorgt." Schwieriger Abschied Der Euro werde nicht schwächer sein als die "harte D-Mark",versicherte Schröder in einem vorab veröffentlichten Beitrag für die"Bild am Sonntag". Das neue Bargeld sei der Beweis, dass derJahrhunderte alte Traum vom einigen, gemeinsamen Europa wieder einStück mehr Wirklichkeit geworden sei. Der Euro sorge aber auch fürmehr Wettbewerb und auf Dauer für sinkende Preise. "Vor verstecktenPreiserhöhungen sollte sich niemand fürchten", schrieb Schröder. Der Abschied von der Mark falle den Deutschen nicht leicht.Besonders Ältere, die noch Währungsunsicherheit und Inflation hättenerfahren müssen, würden vielleicht etwas wehmütig an die guten Zeitender Bundesrepublik denken. "Wir erinnern uns alle noch, wie der Rufnach der D-Mark auf den Straßen der ehemaligen DDR zum Schlachtruf -und zum Symbol für ein besseres Leben und mehr Wohlstand - wurde." "Doch es werden eben nur kleine Verzögerungensein" Auch EZB-Präsident Duisenberg schrieb, es werde einige Zeitdauern, bis sich die Menschen in der Euro-Zone an ihre neue Währunggewöhnt hätten. In seinem Gastbeitrag, der am Samstag in derbelgischen Zeitung "La Libre Belgique" erschienen ist und in der"Welt am Sonntag" abgedruckt wird, forderte er jedoch auch zu Geduldin den ersten Wochen mit dem Euro auf. Es könne zu kleinenVerzögerungen kommen. "Doch es werden eben nur kleine Verzögerungensein, die mit etwas Aufmerksamkeit und Geduld leicht überwundenwerden können", schrieb Duisenberg. Als historischer Moment werde die Bargeldeinführung großenEinfluss darauf haben, "wie wir uns selbst als Europäer sehen, unddadurch die europäische Integration fördern und zu dauerhaftemFrieden und Wohlstand in ganz Europa beitragen." Der Euro sei dassichtbarste Zeichen dafür, wie weit der Prozess der europäischenIntegration fortgeschritten sei. Für normalisiertesVerhältnis EZB-Chefvolkswirt Issing versicherte, der Euro sei so stabil wiedie Mark. Die Euro-Einführung sei nicht vergleichbar mit denWährungsreformen von 1923 und 1948. "1923/1948 gingen Markbeziehungsweise Reichsmark in einem Chaos der Inflation unter, 1999hat eine stabile Währung eine andere abgelöst", schrieb er in seinemGastbeitrag für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung"vom Samstag. Issing sprach sich für ein normalisiertesVerhältnis der Deutschen zu ihrer Währung aus. "Auf Dauer kann eineWährung im Bewusstsein eines Landes nicht eine solch überhöhte,wiewohl historisch verständliche Rolle spielen." Das Ende der D-Marksei ein Abschied von der Nachkriegszeit. Das besondere Verhältnis der Deutschen zur Mark fuße teilweise aufeinem Mythos. "Die Deutschen reagieren ... meist überrascht, wenn sieerfahren, daß die D-Mark in den fünfzig Jahren ihrer Existenz fastdrei Viertel ihrer Kaufkraft eingebüßt hat", schreibt Issing weiter."Auch wenn man den Vergleich nur sehr eingeschränkt gelten lassensollte, so war die durchschnittliche Inflationsrate in den erstendrei Jahren für den Euro deutlich niedriger als für die fünfzig Jahreder D-Mark." Zudem werde gerne übersehen, dass Deutschland seitBeginn der Währungsunion nicht gerade zur Stärkung des Eurobeigetragen habe und in der wirtschaftlichen Dynamik deutlich hinteranderen Ländern des Währungsgebietes zurückbleibe. (APA/Reuters)