Brüsel - Jetzt ist er endlich da: Der Euro hält ab 1. Jänner von Wien bis Lissabon und von Helsinki bis Athen Einzug in die Portemonnaies der Bürger von zwölf EU-Staaten. Zwar ist die Währungsunion bereits seit 1999 mit dem endgültigen Festzurren der Wechselkurse zwischen zunächst elf Teilnehmern, zu denen Griechenland Anfang 2001 stieß, Wirklichkeit. Dem Normalverbraucher wird sie aber erst durch das gemeinsame Geld auch materiell vor Augen geführt. Europa rückt damit zur drittgrößten Währungszone der Welt nach Indien und China auf und tritt erstmals in seiner Geschichte in einen echten Wettbewerb mit der internationalen Reservewährung, dem US-Dollar. Allerdings muss sich die junge Währung noch gegenüber dem Dollar behaupten. Nach einem fulminanten Start ist der Euro gegenüber der US-Währung um über 20 Prozent gefallen. Für die exportorientierte europäische Wirtschaft bedeutet der starke Dollar aber einen handfesten Vorteil. Viel wichtiger noch ist, dass die Euro-Länder ihren Handel untereinander nun ohne das bisherige Wechselkursrisiko abwickeln können. Mehr als 50 Prozent des Handelsaustausches findet ja innerhalb der EU statt. Auch die Außenseiter Großbritannien, Schweden und Dänemark werden sich daher wohl über kurz und lang anschließen, um die Risiken eines niedrigeren Euro für ihre Exportwirtschaft zu vermeiden. Mit dem Euro geht ein alter Traum in Erfüllung. Schon 1970 im damaligen nach dem Luxemburger Premier Pierre Werner benannten "Werner-Plan" war der Weg für eine europäische Wirtschafts- und Währungsunion (EWWU) vorgezeichnet worden. In drei Stufen sollte die EWWU erreicht werden, mit fixen Wechselkursen, einer zentral gesteuerten Geld- und Kreditpolitik sowie einem voll liberalisierten Kapitalmarkt als Endstufe. Das zukunftsweisende Projekt scheiterte an der Erdöl- und Dollarkrise 1973, aber auch am Widerstand Frankreichs. Erst 1979 folgte ein neuer Anlauf. Der damalige französische Staatspräsident Valery Giscard d'Estaing und der deutsche Bundeskanzler Helmut Schmidt hoben das Europäische Währungssystem (EWS) aus der Taufe, das die "Währungsschlange" der EG-Länder ablöste. Es räumte den Teilnehmerwährungen begrenzte Schwankungsmargen untereinander ein und schuf damit eine stabile Währungszone. An Hand eines Währungskorbes wurde die europäische Rechungseinheit "Ecu" ermittelt, die Vorläuferin des Euro. Zehn Jahre später nutzte der damalige französische EU-Kommissionspräsident Jacques Delors die Gunst der Stunde und schlug im März 1989 eine Wirtschafts- und Währungsunion mit genauem Zeitplan als Ergänzung zum "grenzenlosen" EU-Binnenmarkt vor, der bis 1992 die letzten Hindernisse im freien Personen-, Waren-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr abschaffen sollte. Der Fall der Berliner Mauer im November 1989 beschleunigte die Währungsunion. Vor allem Frankreich verlangte als "Preis" für die deutsche Wiedervereinigung die Aufgabe der starken D-Mark. Die deutsche Zentralbank sollte aus Pariser Sicht den übrigen EU-Partnern nicht mehr ihre "Geld- und Kreditpolitik" diktieren, eine europäische Währungsunion das größere Deutschland noch fester in die EG einbinden. Ergebnis war der Maastricht-Vertrag von 1992, der die Etappen für die Einführung des Euro festlegte. Immerhin konnte Deutschland wesentliche Elemente seiner erfolgreichen Politik der harten D-Mark in die Währungsunion hinüber retten: Die Europäische Zentralbank ist unabhängig und ebenso wie ihre deutsche Vorgängerin der Geldwertstabilität verpflichtet, ein Stabilitäts- und Wachstumspakt zwingt alle Teilnehmer zu einer gesunden Haushaltspolitik. Übermäßige Defizite werden mit drakonischen Strafen geahndet. Zu kurz kam im Maastricht-Vertrag allerdings das zweite Ziel, das der damalige deutsche Bundeskanzler Helmut Kohl verfolgte, nämlich parallel zur Währungs- eine politische Union zu errichten. Dazu gehören auch eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, von der die EU trotz großer Fortschritte seit den Balkankrisen und dem 11. September noch immer weit entfernt ist. Nun setzen viele ihre Hoffnungen auf den Euro als Zugpferd für die Vollendung der politischen Union. (APA)