Finanzen & Börse
Frankreich: Befürchtetes Chaos ausgeblieben
Gewerkschaften beenden Streik vorzeitig
Paris - Das befürchtete Chaos bei der Währungsumstellung
in Frankreich ist am ersten Euro-Werktag ausgeblieben: Der
Streikaufruf der Gewerkschaften für den Bankensektor wurde am
Mittwoch kaum befolgt, am Nachmittag beschlossen die Gewerkschaften den Streik vorerst zu beenden. Bei Großbanken wie BNP Paribas und CCF waren
sämtliche Filialen geöffnet, um die Milliardentransfers in der neuen
Währung abzuwickeln. Finanzminister Laurent Fabius dankte den rund
410.000 Bankangestellten für ihr "verantwortliches" Verhalten,
gestand aber ein, dass ein Fünftel der Filialen der Societe Generale
und der Sparkassen sowie Dutzende Zweigstellen der staatlichen Post
geschlossen blieben. Viele Kunden mussten Umwege und lange
Wartezeiten in Kauf nehmen.Streikauswirkungen "begrenzt"
"Der Erfolg des Wechsels zum Euro ist gesichert", sagte Fabius am
Mittag. Die Auswirkungen des Streiks seien "begrenzt". Bei der
Großbank Societe Generale blieben landesweit 500 Filialen
geschlossen, bei den Sparkassen mehr als tausend. Die Post-Direktion
sprach von einer Streikquote von fünf Prozent. Allerdings lag die
Beteiligung in der Hauptstadt Paris bei 20 Prozent. An den
Postschaltern bildeten sich zum Teil lange Warteschlangen. Mehrere Banken hatten
bereits kurzfristig Gehaltserhöhungen oder Prämienzahlungen
zugestanden, um der Streikbewegung die Spitze zu nehmen.
Wütende Händler
Nachdem die Banken die Aufforderung des Finanzministeriums
ignoriert hatten, am 1. Jänner ausnahmsweise zu öffnen, staute sich
bei Händlern die Wut auf. "Wir werden dadurch zu Wechselstuben",
klagte ein Pariser Ladenbesitzer. "An der Kasse bilden sich durch das
Umrechnen lange Schlangen, einige Kunden kaufen schließlich gar
nichts, andere verschwinden mit der Ware, ohne zu zahlen." Der
komplizierte Umrechnungskurs von rund 6,56 Franc für einen Euro
überforderte zahlreiche Kassierer, obwohl die Franzosen seit Monaten
in Aufklärungskampagnen auf die Umstellung vorbereitet worden waren.
Auch Jospin hat Probleme
Mit Genugtuung nahmen die Franzosen zur Kenntnis, dass auch der
sozialistische Premierminister Lionel Jospin mit der neuen Währung
nicht ganz zu Recht kam: Als Jospin zu einem ersten
Euro-Einkaufsbummel aufbrach, hätte er für ein kleines Brot beinahe
sieben Euro statt sieben Franc bezahlt. In den Wettbüros für die in
Frankreich beliebten Pferderennen bildeten sich stundenlange
Warteschlangen. Für die Zeit der parallelen Gültigkeit des Euro mit
dem Franc, die bis zum 17. Februar dauert, richteten viele Händler
doppelte Kassen ein. Die Bäcker-Innung forderte, sie müsse für ihre
Mitwirkung bei der Währungsumstellung eine Prämie oder
Steuererleichterungen erhalten. (APA)