Wien - Österreich hat sich über die UNO-Konvention zur Beseitigung jeder Form der Diskriminierung verpflichtet, zur Umsetzung der Gleichstellung von Mann und Frau. So weit, so gut. "Doch gerade im medizinischen Bereich lässt sich festmachen, wie mangelhaft dieser Verpflichtung nachgekommen wurde", kritisiert Psychiaterin Gabriele Fischer vom Wiener AKH. Daher hat sie mit Fachkollegin Karin Gutierrez-Lobos die Plattform "Frauen für Frauen-Gesundheit im Brennpunkt" gegründet.Die Ziele: "Bessere, frauengerechtere Versorgung für Patientinnen und effizienteres Networking unter weiblichem medizinischem Personal", erklärt Gutierrez-Lobos. Denn mehr als die Hälfte der Studierenden und Absolvierenden der medizinischen Fakultäten seien Frauen, auch fast die Hälfte aller im niedergelassenen Bereich Praktizierenden. Aber nur ein Drittel der Fachärzte und lediglich neun Prozent der Primarärzte und Uniprofessoren seien weiblich. Geringes Ansehen Der Anteil an Ärztinnen sei in eher rehabilitativ und psychosozial-therapeutisch orientierten Fächern mit niedrigem Prestige hoch, Männer dominierten hingegen in operativen Fächern mit großem Ansehen. In Wiener Gemeindespitälern betrage etwa der Oberärztinnenanteil in der Unfallchirurgie null Prozent. In der Psychiatrie hingegen rund 50. Männer dominierten auch in jenem Bereich, der sich ausschließlich mit Frauen beschäftigt - Frauenheilkunde und Geburtshilfe. Doppelbelastung durch Familie und starre Arbeitszeiten seien nur zwei Faktoren, die weibliche Karrieren erschwerten. Besondere Belastungen stellten auch zunehmend schwierige Ausbildungsbedingungen, sexuelle Belästigung und Mobbing dar. "Und nicht zuletzt Vorurteile", ärgert sich Fischer, die auf eine im Fachblatt Nature präsentierte Studie verweist: Die Qualität wissenschaftlicher Projekte und Veröffentlichungen von Frauen werde dann wesentlich höher bewertet als jene von Männern, wenn dem Gutachter das Geschlecht der Autoren nicht bekannt sei. Einseitige Studien Das Vorherrschen von Männern in der Medizin habe auch zu Nachteilen für Patientinnen geführt. Frauen erhielten, zählt Fischer hier ein plakatives Beispiel auf, doppelt so oft wie Männer Tranquilizer und Psychopharmaka verschrieben, die Wirkung und Nebenwirkungen von Medikamenten seien bei Frauen aber kaum untersucht - denn auch die meisten Pharmaprobanden seien männlich. "Wir wollen mit unserer Plattform die Situation für Patientinnen und Kolleginnen verbessern, durch Kooperation von Ärztinnen verschiedener Fachrichtungen und Einrichtungen ein auf die Bedürfnisse der Patientinnen abgestimmtes Behandlungsnetzwerk aufbauen", klärt Fischer auf. Darüber hinaus sollen Forschungsprojekte zur Frauengesundheit durchgeführt werden. (fei, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 3. 1. 2002)