Buenos Aires/Brasilia - Die neue
argentinische Regierung hat eine Wende in der bisherigen
Wirtschaftspolitik angekündigt. "Es ist unser Ziel, den sozialen
Frieden zu garantieren und die Grundlage für ein neues
wirtschaftliches und soziales Modell zu schaffen", sagte
Kabinettschef Jorge Capitanich am Donnerstag in seiner ersten
Pressekonferenz in Buenos Aires. Auf Einzelheiten ging der Politiker
nicht ein. Das genaue Wirtschaftsprogramm soll an diesem Freitag
bekannt gegeben werden. Es wird allgemein mit einer Abwertung des
Peso um 30 bis 40 Prozent gerechnet. Der Internationale Währungsfonds
(IWF) will nach eigenen Angaben bei der Lösung der
Wirtschaftsprobleme mit der neuen Regierung eng zusammenarbeiten.
Kabinett vereidigt
Am Donnerstag wurde das Kabinett des neuen Präsidenten Eduardo
Duhalde vereidigt. Die beiden Schlüsselposten nehmen enge Vertraute
des peronistischen Staatschefs ein. Außenminister ist der bisherige
Gouverneur der Provinz Buenos Aires, Carlos Ruckauf, der das
Gouverneursamt vor zwei Jahren von Duhalde übernommen hatte. Der neue
Wirtschaftsminister Jorge Remes Lenicov, eine Schlüsselfigur in der
Regierung, war früher schon unter Duhalde für die Wirtschaftspolitik
in der Provinz Buenos Aires verantwortlich. Die oppositionelle
Radikale Bürgerunion (UCR) des früheren Präsidenten Fernando de la
Rua ist mit Justizminister Jorge Vanossi in der Regierung vertreten.
Duhalde war am Dienstag vom Kongress zum Präsidenten gewählt
worden. Er soll die Amtszeit des am 20. Dezember gestürzten De la Rua
vollenden und bis Dezember nächsten Jahres regieren. Zwischen De la
Rua und Duhalde führten drei Übergangspräsidenten das Land.
Argentinien steckt in einer schweren wirtschaftlichen und sozialen
Krise. Bei Unruhen und Demonstrationen waren in der Woche vor
Weihnachten etwa 30 Menschen ums Leben gekommen.
Sondergesetze erwartet
Beobachter erwarten von der neuen Regierung Sondergesetze, die die
Abwertung des seit 1991 an den US-Dollar gebundenen Pesos erlauben.
Medienberichten zufolge soll der Wechselkurs für 90 Tage bei 1,30 bis
1,40 Pesos für einen Dollar festgeschrieben werden. Während dieser
Zeit will die Regierung laut der Tageszeitung "Clarin" ein Hilfspaket
über 15 Milliarden Dollar (16,6 Mrd. Euro/228 Mrd. S) mit dem IWF
aushandeln. Die Finanzzeitung "BAE" schrieb, für Handelstransaktionen
solle der Peso dann gegenüber Währungen wie Dollar, Euro und dem
brasilianischen Real frei schwanken können. Die Bindung an den Dollar
brachte dem Land zunächst Preisstabilität und einen Investitionsboom,
sie wird aber inzwischen für die Rezession in Argentinien
verantwortlich gemacht.
Darüber hinaus will die Regierung laut "Clarin" einen Zeitplan
vorstellen, demzufolge die Bürger innerhalb von 180 Tagen die
Einlagen auf ihren Konten zurück erhalten. Anfang Dezember hatte die
Regierung eine Grenze von monatlich 1.000 Dollar für
Bargeldabhebungen verfügt. "BAE" zufolge wird es einen Plan geben,
der es den Argentiniern erlaubt, ihre Dollar-Schulden in Pesos
zurückzuzahlen. "Clarin" schrieb, auch die gegenwärtig in Dollar
ausgestellten Strom-, Gas-, Wasser- und Telefonrechnungen würden auf
Pesos umgestellt.
IWF kündigt Gespäche mit Regierung an
Der IWF kündigte Gespräche mit der neuen Regierung an. "Wir sind
bereit, mit der neuen Regierung zusammenzuarbeiten, um ihr bei der
Überwindung der momentanen Wirtschaftsprobleme zu helfen", sagte
IWF-Sprecher Bill Murray in Washington. "Es ist zu früh, zu erwarten,
dass es bereits einen Meinungsaustausch über Maßnahmen gegeben
hätte", sagte er weiter. Der IWF sei aber mit einem Repräsentanten in
Buenos Aires vertreten, der mit den offiziellen Stellen in Kontakt
sei.
Internationale Unterstützung
Der brasilianische Präsident Fernando Henrique Cardoso sprach sich
am Donnerstag für eine internationale Unterstützung für Argentinien
aus. Nach Angaben seines Präsidialamtsministers Arthur Virgilio
sprach Cardoso darüber auch telefonisch mit US-Präsident Goerge W.
Bush. Am Freitag nächster Woche soll in Buenos Aires ein
Gipfeltreffen des südamerikanischen gemeinsamen Marktes Mercosur über
die Krise in Argentinien beraten.
Auf Argentinien lasten inzwischen 141 Milliarden Dollar Schulden.
Das Land hat die drittgrößte Wirtschaft Lateinamerikas, steckt aber
im vierten Jahr in Folge in einer Rezession. Die Arbeitslosenquote
liegt bei über 18 Prozent. (APA/dpa/AP/Reuters)
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