Chicago - Mancher Heimtierhalter sorgt sich, dass "Bello"
oder "Minka" bei engem Kontakt möglicherweise Krankheitskeime
übertragen könnten. Dass auch umgekehrt Gefahr droht, haben
kanadische Forscher jetzt belegt. Sie dokumentierten 16 Fälle, in
denen Pferde, Katzen und Hunde an gefährlichen
Staphylokokken-Infektionen erkrankten. Alle hatten sich nach den
Erkenntnissen der Wissenschafter bei ihren Haltern oder bei
Tierärzten infiziert.
Bei dem Erreger handelte es sich um den gegen das Antibiotikum
Methizillin resistenten Staphylococcus aureus (MRSA). Er wurde bis
vor kurzem vor allem in Krankenhäusern beobachtet, wo er häufig
ältere Menschen oder Schwerkranke mit offenen Wunden befällt.
Gesunden Menschen, deren Immunsystem intakt ist, kann er dagegen
wenig anhaben. "Wir haben ziemlich deutliche Hinweise darauf, dass
die Halter für die MRSA-Infektionen ihrer Tiere verantwortlich
waren", sagt Donald Low, Chefmikrobiologe am Mount-Sinai-Krankenhaus
in Toronto.
Ähnliche Erreger
Die Wissenschafter fanden heraus, dass die Tiere an resistenten
Staphylokokken-Infektionen erkrankten, deren Erreger denen genetisch
ähnelten, die bei Menschen auftreten. In einigen Fällen erkrankten
die Tiere Monate, nachdem sich ihre Halter mit identischen Erregern
infiziert hatten. Eine derartige Krankheitsübertragung ist häufig
schwierig nachzuweisen, aber nach Ansicht der Mikrobiologin Shelley
Rankin von der Universität von Pennsylvania sehen Tierärzte solche
Fälle häufiger. "Die Leute glauben, dass es nur in eine Richtung
funktioniert, von Tieren zu Menschen. Aber hier wird die andere Seite
der Geschichte gezeigt", sagt Rankin.
Der erste Fall, den die kanadischen Wissenschafter untersuchten,
war der eines neun Jahre alten Bichon Frise. Dem Hund wurde Anfang
2000 eine Zyste am Auge operativ entfernt. Trotz der Gabe von
Antibiotika entwickelte er eine langwierige Entzündung, die sich als
MRSA herausstellte. Der Halter des Tieres hatte sich Ende 1999 einer
Krebsoperation unterzogen und sich im Krankenhaus ebenfalls mit MRSA
infiziert. Genetische Tests ergaben, dass die Erreger von Mann und
Hund identisch waren.
Verbreitung in Tierkliniken
Nach den Erkenntnissen der Forscher verbreitet sich der Erreger
auch in Tierkliniken. Zwei Katzen und ein Hund mit identischen
Infektionen waren alle in derselben Klinik in Quebec behandelt
worden. Das Team dokumentierte auch zwei separate Fälle unter acht
Pferden. Im ersten Fall entwickelte sich bei einem Vollblüter ein von
MRSA hervorgerufener Abszess, nachdem das Pferd zwei Tage zuvor in
einer großen Tierklinik an Hautkrebs operiert worden war.
Die Halterin des Pferdes war neun Monate zuvor ebenfalls operiert
worden. In ihrer Nase isolierten die Forscher MRSA-Erreger, die mit
denen des Pferdes identisch waren. Zwei weitere Pferde zogen sich die
Infektion mehrere Monate später in der Klinik zu. Bei zwei
Klinikbeschäftigten fanden die Wissenschafter den Erreger ebenfalls
und schlossen daraus, dass die beiden den Erreger von dem ersten
Pferd erhalten und weitergegeben hatten.
Übertragung durch engen Kontakt
Der Erreger wird durch engen Kontakt von Lebewesen zu Lebewesen
übertragen. Bei Menschen können Staphylokokken beispielsweise Pusteln
oder Furunkel hervorrufen, in schwereren Fällen auch
lebensbedrohliche Erkrankungen wie Lungenentzündung oder
Blutvergiftung. Von den untersuchten Tieren starb ein Hund, einem
weiteren musste ein infiziertes Bein amputiert werden.
Vor der Einführung von Antibiotika stellten die Erreger ein solch
großes Problem dar, dass deswegen manchmal ganze Krankenhäuser
geschlossen werden mussten. Mit Penizillin bekamen die Ärzte MRSA
zunächst in den Griff, doch wurde der Erreger rasch resistent. 1960
wurde Methizillin als Standardbehandlungsmethode eingeführt. Die
Gesundheitsbehörden in den USA schätzen aber, dass die Hälfte aller
Staphylokokken-Infektionen in Krankenhäusern - 80.000 jährlich -
inzwischen gegen Methizillin und die meisten anderen Antibiotika
resistent sind.
Seit mehreren Jahren warnen Experten vor dem übermäßigen Einsatz
von Antibiotika bei Tieren auf Bauernhöfen, da dies die Übertragung
resistenter Mikroben von Tieren auf den Menschen - so genannte
Zoonosen - fördere. Die Forschungsergebnisse der kanadischen
Wissenschafter deuten nun auf eine weitere Gefahr, nämlich die einer
Übertragung vom Menschen auf Tiere.
(APA/AP/Daniel Haney)