Wien - Die Gemeinden sehen sich gegenüber den Ländern
finanziell benachteiligt. Belegt werden soll dies durch eine neue
Studie des Wifo-Experten Gerhard Lehner, die am Freitag von
Gemeindebund-Präsident Helmut Mödlhammer präsentiert wurde. Demnach
haben die Gemeinden im Jahr 1999 14,75 Milliarden Schilling (1,072
Mrd. Euro) an Transfers in Richtung der Länder geliefert, umgekehrt
aber nur 8,65 Mrd. S (629 Mill. Euro) erhalten. Mödlhammers
Conclusio: Die Schere dürfe nicht weiter aufgehen und klarere
Verantwortlichkeiten müssten geschaffen werden. Anlass für die Erstellung der Studie war in erster Linie, den
Gemeinden ein fundiertes Papier für die Verhandlungen mit den Ländern
in die Hand zu geben. Von besonderem Interesse für Mödlhammer ist
dabei eine Bereinigung der Kompetenzen. Es dürfe nicht so sein, dass
etwa für die Kinderbetreuung Bund, Länder und Gemeinden
verantwortlich seien. Er kann sich etwa vorstellen, die
Kinderbetreuung in die Kompetenz der Gemeinden zu übertragen, die
Spitalsfinanzierung dafür aber komplett zur Landesangelegenheit zu
machen.
Unterschiedliche Finanzströme
Interessant ist, dass die Finanzströme zwischen Ländern und
Gemeinden von Bundesland zu Bundesland ganz unterschiedlich sind. Am
Schlechtesten stehen die Kärntner Gemeinden da, die pro Bürger eine
Belastung von 3.631 S (264 Euro) im Jahr aufweisen. Ebenfalls stark
betroffen sind Salzburg (2.105 S/153 Euro) und Tirol (1.639S/119,1
Euro). Mit einer positiven Bilanz bei den Finanzströmen steigen
lediglich die steirischen Gemeinden aus, die pro Bürger ein
jährliches Plus von 358 Schilling (26,0 Euro) aufweisen.
Auffälliger Trend für Mödlhammer ist, dass die Gemeinden laut
Studie immer stärkere Zuwächse im sozialen Bereich zu verzeichnen
haben. Mehrbelastungen ergeben sich etwa in der Alterspflege oder bei
der Behindertenhilfe. Zu beachten sei auch, dass die Überalterung im
Osten deutlich höher als im Westen sei. Hier müsse man sehr
aufpassen, dass es zu keiner Explosion in der Sozialhilfe käme,
meinte Mödlhammer. Derzeit würden die Gemeinden für diesen Bereich 20
Mrd. S (1,45 Mill. Euro) aufwenden. Mehr Geld werde nur für die
Wasserver- und entsorgung bezahlt (25 Mrd. S/1,82 Mill. Euro).
Volkszählung
Für die Gemeinden Erfreuliches hatte Mödlhammer in Sachen
Volkszählung zu berichten. Seinen Angaben zu Folge sind die Städte
bereit, alle Reklamationsverfahren Studenten und Pendler betreffend
einzustellen. Damit wären 80 Prozent aller anhängigen Verfahren "im
Interesse der Bürger" erledigt.
Noch etwas auszumachen haben die Gemeinden mit dem Bund. Sie
wollen von Finanzminister Karl-Heinz Grasser (F) ihren Anteil an
jenen rund 6,8 Mrd. S (494 Mill. Euro) Steuervorauszahlungen, die das
gesamtstaatliche Nulldefizit schon 2001 ermöglicht haben. Wiewohl es
für Mödlhammer selbstverständlich ist, dass die Gemeinden ihren
Anteil bekommen, erwartet er bei den Ende Jänner beginnenden
Verhandlungen noch ein "heftiges Gerangel". Der Finanzminister sei
jedenfalls gut beraten, die Finanzausgleichspartner nicht im Regen
stehen zu lassen, warnte der Gemeindebund-Chef. (APA)