Natur
"Es ist eine Minute vor Zwölf"
Umweltdachverband: Österreich könnte europarechtswidrig handeln - Frist für Natura 2000 läuft ab
Wien - Mit dem EU-Beitritt verpflichtete sich Österreich,
gefährdete Tier- und Pflanzenarten und deren Lebensräume unter
Schutz zu stellen und in das gesamteuropäische Naturschutzwerk Natura
2000 einzubringen. "Österreich hat bis zum heutigen Tag diese
Richtlinien nicht vollständig erfüllt und hat jetzt von der
EU-Kommission eine letzte Verwarnung aufgebrummt bekommen", erklärte
Gerhard Heilingbrunner, Präsident des Umweltdachverbandes, am
Freitag in einer Pressekonferenz in Wien. Somit läuft am 28. Februar die letzte Frist für die
Natura-2000-Nachnominierungen der Alpinen Region ab. "Und das ist
immerhin zwei Drittel unserer Landschaftsfläche", sagte
Heilingbrunner. Werde nun auch diese Frist versäumt, drohe Österreich
eine Verurteilung durch den Europäischen Gerichtshof und hohe
Strafzahlungen wegen europarechtswidrigem Verhalten, erläuterte Bernd
Rajal, Natura-2000-Rechtsexperte des Kuratoriums Wald. Rajal nannte
in diesem Zusammenhang die erst kürzlich in dieser Sache verurteilten
Länder Deutschland, Frankreich und Irland. "Diese wurden im September
2001 durch den EuGH verurteilt, weil sie der Europäischen Kommission
keine vollständigen Gebietslisten übermittelt hatten", zeigte der
Rechtsexperte auf.
Niederösterreich als Musterschüler
"Die Zeit wird knapp. Es ist eine Minute vor Zwölf", so
Heilingbrunner. Für diese Nominierungen säumig seien sechs
Bundesländer mit insgesamt 28 Gebieten: Oberösterreich, Salzburg,
Steiermark, Kärnten, Tirol und Vorarlberg. "Niederösterreich ist da
unser Musterschüler. Sie haben mit der Hilfe von Experten schnell und
umfangreich ihre Gebiete nominiert", lobte Heilingbrunner. Wien und
das Burgenland haben keine alpine Regionen und seien deshalb nicht
betroffen.
Als Grund für die Versäumnisse nannte Heilingbrunner so genannte
Nutzungskonflikte: "Zum Beispiel hält der Bau von Straßen in
Natura-2000-Gebieten die Länder davon ab, diese Bereiche zu
nominieren. Und dieses Verhalten ist rechtswidrig."
"Schande"
"Wer jetzt nicht handelt, lässt unsere alpinen Naturschönheiten im
Stich", meinte Heilingbrunner. Es sei eine Schande, wenn "Österreich
weiterhin vertragsbrüchig bleibe und gerade im internationalen Jahr
der Berge eine Verurteilung vor dem EuGH riskiere", erläuterte der
Experte. Deshalb will der Umweltdachverband in den nächsten Tagen der
EU eine komplette Liste aller nachzunominierenden
Natura-2000-Alpenschutzgebiete zukommen lassen. "Das wird den Druck
erhöhen", so Heilingbrunner. (APA)