Von Thomas Trenkler
Foto: APA/Guenter Artinger
Klaus Albrecht Schröder
Im vergangenen Herbst vertrat Klaus Albrecht Schröder, der Direktor der Albertina, in der Kunstzeitschrift Parnass (siehe auch DER STANDARD vom 18. Oktober ) die Meinung, dass monokulturelle Ausstellungen passé seien. Der Besucher erwarte sich eine vielschichtige Präsentation, also die Zusammenführung von Ölgemälden und Studien, die den Prozesscharakter verdeutlichen. Aus diesem Grund sei es, meinte Schröder, durchaus sinnvoll, die von ihm geleitete Graphische Sammlung mit der Österreichischen Galerie zu fusionieren: Die beiden Museen würden sich hervorragend ergänzen. Dieses Statement entfachte eine hitzige Diskussion unter den Direktoren der Bundesmuseen, die in den letzten Tagen vom Kurier weitergezogen wurde. Aber eigentlich war nicht Schröder der Grund für die Debatte: Er reagierte nur auf seinen größten Konkurrenten in der Wiener Museumslandschaft, auf Wilfried Seipel. Denn der Generaldirektor des Kunsthistorischen Museums gliederte Anfang 2001 das Theater- und das Völkerkundemuseum seinem Reich ein, in dem die Sonne auch aufgrund des Kooperationsvertrags mit Guggenheim (von Venedig bis Vegas) und der Eremitage fast nicht untergeht: Es umfasst mittlerweile neun Standorte. Und dies nur vorläufig: Der Vertrauensmann von Wolfgang Schüssel (der Bundeskanzler entsandte Seipel in den ORF-Publikumsrat, nachdem dieser bei der Direktwahl durchgefallen war) sinniert über ein Modell nach dem Vorbild der Stiftung preußischer Kulturbesitz in Berlin. Sein Hunger nach neuen Einflussbereichen scheint dabei keine Grenzen zu kennen: Er mischte bei der Ausgliederung des Technischen Museums mit, plädiert für ein Kunstzentrum auf dem Mönchsberg unter seiner Leitung und kann sich auch eine Übernahme der Albertina vorstellen. Nicht ganz grundlos dürfte zudem die Betriebsgesellschaft von Schloss Schönbrunn Strategien entwickelt haben, die einen allfälligen Takeover der Anlage (das KHM unterhält in dieser die Wagenburg) durch Seipel vereiteln sollen. Schröder unternahm also einen Versuch, Seipel das Feld nicht kampflos zu überlassen - indem er plausible Gründe darlegte, warum die Österreichische Galerie, die als Verschubmasse gilt, der Albertina zugeschlagen werden sollte. Der Zeitpunkt dafür scheint klar: Ende 2004, wenn der Vertrag von Direktor Gerbert Frodl ausläuft. Eine solche Fusion würde Wilfried Seipel aber kaum akzeptieren. Er hält sie denn auch für "wenig einsichtig", würde es lieber sehen, wenn die Österreichische Galerie dem Leopold Museum zugesprochen würde. Neuer Zentralismus Noch aber ist Frodls Haus eigenständig und wird bald über einen weiteren Standort, das 20er Haus, verfügen. Der Pavillon wird in Kooperation mit dem Mumok bespielt. Ohne Seipel: Schröder bot ihm (wohl nicht ohne Hintergedanken) an, dessen Wotruba-Sammlung in der Albertina aufzustellen, was dieser (wohl nicht ohne Hintergedanken) akzeptierte. Kollegen wie Gerald Matt und Peter Noever warnen indes ausdrücklich vor einer "Machtkonzentration" und der "Machtgier megalomaner Kulturmanager". Diese Aussagen sollte der Kulturministerin zu denken geben: Die Museen von einer zentralistischen Bürokratie zu befreien, um sie Seipel (und damit einer zentralistischen Bürokratie) in die Hände zu spielen, kann nicht der Sinn der Ausgliederung gewesen sein. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 5./6. 1. 2002)