Rom/Wien - Italien gehörte von Anfang an zu den Vorreitern bei der Einigung Europas. Nicht nur, weil die europäischen Geburtsurkunden von 1957 auch "Römische Verträge" heißen. Es waren vor allem die Bürger, die sich für die Gemeinschaft und dann später die Union begeisterten - erhofften sie sich doch von den Brüsseler Institutionen eine effizientere Verwaltung als von ihren eigenen, oft wechselnden Regierungen.

Auch wenn die Italiener in diesen Tagen bei der Euroeinführung hinterherhinken: Ministerpräsident und Medienmagnat Silvio Berlusconi muss bei seiner Politik von der grundsätzlich EU-freundlichen Haltung seiner Bürger ausgehen. Vielleicht drängte es ihn deshalb nun am Freitag zu einer Klarstellung: Er sehe nicht, wie Zweifel am Engagement seiner Regierung für den Ausbau der politischen Einheit Europas aufkommen könnten, sagte Berlusconi der Zeitung La Repubblica. Außerdem sprach er gleich auch noch ein Machtwort: "Die Außenpolitik dieses Landes führt der Ministerpräsident."

Adressat dieser Zurechtweisung war offenbar Außenminister Renato Ruggiero. Der erklärte EU-Freund hatte am Vortag nämlich in Interview beklagt, dass es seinen Ministerkollegen an der europäischen Gesinnung fehle. Die Meinungsverschiedenheiten über Europa seien in der Regierung nicht nur stark, sondern sehr stark. Unter anderem schimpfte Ruggiero, dem Rücktrittsgedanken nachgesagt werden: "Während alle Regierungen die enorme politische Bedeutung der Geburt des Euro unterstreichen, tut unser Haus alles, um diese klein zu reden." Auch nach Ansicht von EU-Kommissionspräsident Romano Prodi ließen sich die Aussagen mancher Regierungsmitglieder als "Alarmsignal" deuten.

In der Tat hatten sich zwei Berlusconi-Minister, der Lega-Nord-Regionalminister Umberto Bossi und der Wirtschaftsressortchef Giulio Tremonti, recht abfällig über die neue Gemeinschaftswährung geäußert. Berlusconi selbst wies demgegenüber am Freitag als Beleg für seine eurofreundliche Gesinnung darauf hin, dass Millionen Italiener Eurorechner von ihm bekommen hätten.

Andere Regierungsakte aus Rom wirkten in den letzen Monaten freilich weniger pro-europäisch. So hatte Verteidigungsminister Antonio Martino im Dezember den Ausstieg Italiens aus dem gemeinsamen Projekt für den Militärtransporter Airbus A400M durchgesetzt, um stattdessen US-Maschinen anzuschaffen.

Vor allem aber war es Berlusconi selbst, der die europäische Einigung eher bremste. In besonders schlechter Erinnerung ist den anderen 14 Regierungschefs sein Widerstand gegen den gemeinsamen EU-Haftbefehl geblieben.

Auch auf dem Gipfel von Laeken machte sich der sture Staatsmann keine neuen Freunde, als er eine Einigung über die Sitzverteilung der neuen EU-Agenturen blockierte, weil er für die Lebensmittelbehörde den Standort Parma durchsetzen will. Seine Argumente gegen Helsinki, den Favoriten der 14, reichten von "Die Finnen wissen nicht einmal, was Prosciutto ist" bis "Ich habe schon den Haftbefehl akzeptiert".

Auf alle Vorwürfe, Berlusconis Mitte-rechts-Regierung sei zu europakritisch, reagierte dessen Sprecher nun mit der üblichen Erklärung: Man sei Opfer einer Verleumdungskampagne der Linken. (DER STANDARD, Print vom 5.1.2002)