Rom - Es war kein Zufall, dass sich in dem betretenen Schweigen nach dem Rücktritt von Außenminister Renato Ruggiero zunächst Umberto Bossi zu Wort meldete. "Welch schöner Tag!", frohlockte der Chef der populistischen Partei Lega Nord. Tags zuvor hatte Bossi Regierungschef Silvio Berlusconi unverblümt aufgefordert, Ruggiero zu feuern: "Er ist ein Provokateur und Bürokrat, der nicht vom Volk gewählt ist. Daher ist das, was er sagt, für mich unwichtig."

Zwischen dem weltgewandten Großbürger Ruggiero und dem hemdsärmeligen Provinzler Bossi liegen Welten. Der Lega-Chef lehnte den Außenminister von Beginn an als "Vertreter der Fiat und des Großkapitals" ab. Zur ersten Auseinandersetzung kam es am 17. Juni, als Föderalismusminister Bossi die Ablehnung des Vertrags von Nizza bei der Volksabstimmung in Irland begrüßte. "Die Iren haben gut daran getan, den euro-sojwetischen Superstaat abzulehnen", triumphierte Bossi. "Ruggiero verkörpert genau das, was wir bekämpfen", verkündete der Lega-Chef.

Bei der Diskussion über den europäischen Haftbefehl verunglimpfte Bossi die EU dann im Dezember als "Henkergemeinschaft". Zur Einführung des Euro tat der ruppige Minister kund, die neue Währung "interessiere ihn nicht im Entferntesten". Und zum Außenminister selbst fiel im zuletzt ein: "Bürokrat, der im Kabinett zum Sprecher der Opposition geworden ist."

Keine dieser Erklärungen wurde von Berlusconi jemals zurechtgerückt. Einige Male hatte er Ruggiero allerdings sein Vertrauen ausgesprochen, um dessen frühzeitigen Rücktritt zu verhindern.

Neben Bossi gehören vor allem zwei Kabinettsmitglieder zur europakritischen Fraktion: Auch Wirtschaftsminister und Lega-Freund Giulio Tremonti und der USA-begeisterte Verteidigungsminister Antonio Martino haben ihren Kollegen Ruggiero wiederholt in der Öffentlichkeit brüskiert. (mum/DER STANDARD, Print- Ausgabe, 07. 01. 2002)