Welt
Happy Birthday, Stephen Hawking!
Der Genius im Rollstuhl ist 60 geworden - und hat seinen Ärzten damit schon 38 Jahre abgetrotzt
London - Er ist einer der wenigen (seriösen) Wissenschafter, die fixer Bestandteil der Populär-Kultur geworden sind: Stephen Hawking, der Genius im Rollstuhl. Nach Meinung
seiner Ärzte hätte er mit 22 Jahren an der unheilbaren Muskel- und
Nervenkrankheit ALS (amyotrophe Lateralsklerose) sterben müssen. Doch er lehrt weiterhin als Professor in Cambridge, nimmt an Kongressen teil und schreibt Bestseller: am berühmtesten "Eine kurze
Geschichte der Zeit" - und gerade jetzt führt "Das Universum in der Nussschale" die aktuellen Sachbuch-Charts an. Hawking ist medial präsent wie nur wenige Wissenschafter - und das obwohl er sich weder bewegen noch ohne technische Hilfe sprechen kann. Am 8. Jänner wird der Astrophysiker und Kosmologe 60 Jahre alt.Selbstironisch
Viele würden Hawkings Zustand wohl als unerträglich qualvoll
beschreiben. Er selbst macht Witze darüber: Wenigstens komme er nicht
in Versuchung, seine Zeit mit Joggen und Golf Spielen zu vertrödeln.
Ganz im Ernst ist er davon überzeugt, in seinem Leben "großes Glück"
gehabt zu haben, privat wie beruflich. Die Krankheit sei "kein so
großer Schlag" gewesen: "Bevor ich sie hatte, fand ich das Leben
ziemlich langweilig. Ich glaube, jetzt bin ich glücklicher."
Hawking kann sich nicht einmal seine Brille selbst zurechtrücken,
und doch wird er oft als "Herr des Universums" bezeichnet. Jane
Wilde, mit der er 25 Jahre verheiratet war, betrachtete es in dieser
Zeit als ihre Hauptaufgabe, ihn immer wieder daran zu erinnern, "dass
er nicht Gott war".
Die Suche nach der Weltformel
Denn Hawking sucht die Antwort auf die großen
Fragen der Menschheit: "Mein Ziel ist ein vollständiges Verständnis
des Universums, warum es so ist, wie es ist, und warum es überhaupt
existiert." Mit anderen Worten: Er will "die Gedanken Gottes lesen",
wobei der Atheist den Begriff Gott allerdings nur als schöneres Wort
für die abstrakten Gesetze der Physik verwendet.
Dieses Ziel glaubt er erreichen zu können, wenn er die Weltformel
findet. Eine Formel, die Einsteins Relativitätstheorie mit der
Quantenmechanik verbindet. Einen Satz mathematischer Gleichungen, der
vom Urknall bis zu den Atomen alles erklären soll. In den siebziger
Jahren glaubte Hawking noch, die Wissenschaft werde diese Formel bis
zum Jahr 2000 gefunden haben. Inzwischen hat er die Stunde der
Erkenntnis auf das Ende des 21. Jahrhunderts verschoben. Aber er ist
sicher, dass sie kommen wird - falls die Menschheit noch so lange
existiert.
Mediales Aufsehen durch Untergangsprognosen
Denn was die Zukunft der Menschen angeht, ist Hawking
pessimistisch. Nacheinander hat er bereits ihr nahendes Ende durch
den Treibhauseffekt und ein Killer-Virus vorausgesagt. Auch einen
Kometeneinschlag hält er für möglich. "Panikmache", werfen ihm
Kritiker vor. Ihnen graut auch bei Hawkings Spekulationen über
Außerirdische, Zeitreisen oder den "neuen Genmenschen".
Hawking dagegen kennt keine Selbstzweifel. Kritikern fährt er
schon mal mit seinem Rollstuhl über die Füße. Gelegentlich weist er
darauf hin, dass er am 300. Todestag von Galileo Galilei geboren
wurde, den Lehrstuhl Isaac Newtons innehat und "nicht so bedeutend
wie Einstein" ist. Welchen wissenschaftlichen Rang er wirklich hat,
darüber streiten vorerst noch die Gelehrten. (APA/red)