Mailand - Italiens Bankbeamte protestieren mit dem Ausstand gegen zu viel Stress, den sie durch die Euroeinführung erlitten. Dafür wurden die über 300.000 Bankangestellten, die bereits im Genuss von 16 Monatsgehältern sind, nicht gesondert entschädigt. Die Gewerkschaften beschuldigten die Banken, sich für die Euroeinführung nicht gerüstet zu haben. Die langen Schlangen waren nicht nur Schuld des chronisch leistungsschwachen italienischen Bankapparates. Es fehlte vielmehr an Euroscheinen. Vor allem die Fünf- und Zehn-Euro-Noten sind inzwischen zur Mangelware geworden. Scharfe Sicherheitsbestimmungen "Wir haben nur ein Zehntel des täglichen Euro-Bedarfs zur Verfügung", klagte Signora Patrizia Ferri von der Turiner Großbank San Paolo. Kunden müssen ihre Euro oder den Umtausch der Lira mindestens 24 Stunden vor der Tauschaktion vorbestellen. Grund für die mangelhafte Zuteilung von Euroscheinen an Italiens Banken sind auch die scharfen Sicherheitsbestimmungen beim Transport. Diese erschweren die Zuteilung an die einzelnen Banken. Der Angst vor EuroDiebstählen ist hier größer als in anderen Ländern, versuchte ein Fachverbandssprecher das Schlamassel zu erklären. Tatsache ist, dass der erste Euro-Bankraub im Wert von 2,5 Mio. Euro zu Jahresende in Mailand bei der Traditionsbank Banca Intesa erfolgte. Das Schatzamt forderte die Banken zu Wochenbeginn auf, für die Geschäftsleute Sonderschichten einzuführen. Allerdings erst am Dienstag, da am Montag die streikbedingte Sperre der Kreditinstitute jegliches Bankgeschäft verhinderte. Nur die Bankautomaten funktionieren inzwischen. Über 60 Prozent aller Automaten wurden bereits auf Euro umgestellt, heißt es beim Bankfachverband. Nach wie vor lange Schlangen Die technische Einführung des Euro hat in Italien nicht so reibungslos funktioniert wie in anderen europäischen Ländern. An den Postämtern bilden sich nach wie vor lange Schlangen. Hier holen die meisten Rentner ihre Pensionen in bar ab. Aber auch an den Bahnschaltern, in Banken und Reisebüros kommt es zu übermäßig langen Wartezeiten. Die Ferrovie dello Stato (Staatsbahnen) hatten ein falsches Softwareprogramm gespeichert und konnten daher beim Verkauf der Zugkarten keine Euro entgegennehmen. Das technische Problem wurde inzwischen gelöst. Ein Euro-Chaos herrschte auch an den Autobahnmautstellen mit langen Autoschlangen. "Die Passagiere nutzen die Mautstelle als Wechselbüro", klagten die Autobahnangestellten. (Thesy Kness-Bastaroli, DER STANDARD, Printausgabe 8.1.2001)