Wien - Beim so genannten Energieabgaben-Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) gibt es zwei Gewinner: Die Energiedienstleister und die Grundstoffindustrien. Nur dem Fiskus drohen durch die Entscheidung (B 2251/97, vom 13. 12. 2001) hohe Kosten.So müssen nach dem Erkenntnis nunmehr - dem Gleichheitssatz entsprechend - auch diejenigen Dienstleister bei der Rückerstattung der Energieabgaben zum Zug kommen, die bisher unberücksichtigt blieben - wie zum Beispiel Pipelinebetreiber. Wenn nun die Dienstleister vom Staat eine Rückvergütung für bisher geleistete Abgaben erhalten, wird das teuer, da zumindest 180 Millionen Euro (rund 2,5 Mrd S) zu erstatten wären. Wenn die Anträge dann auch für die letzten fünf Jahre gestellt werden, schaut es schlecht aus für den Fiskus. Aufatmen der Industrie Doch nicht nur die Energiedienstleister, auch die Unternehmen der Grundstoffindustrie atmen nach dem VfGH-Erkenntnis über das Energie-Abgaben-Vergütungs-Gesetz (EAVG) von 1996 wieder auf - hatten sie doch ihrerseits hohe Rückzahlungsforderungen des Staates befürchtet. Grund für ihre Sorgen war ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 8. November (Rs. C-143/99). In dessen Mittelpunkt steht die Vorschrift des EAV-Gesetzes, wonach dieses nur Unternehmen erfasst, die nachweislich körperliche Sachen produzieren. Der EuGH stellte fest, dass Vergütungen für Energieabgaben, die allein an solche Unternehmen gehen, als unerlaubte staatliche Beihilfen im Sinne des EG-Vertrags anzusehen sind. Rund 800 Millionen Euro (elf Milliarden Schilling) standen damit an Rückvergütungen für die energieträchtigen Grundstoffunternehmen auf dem Spiel. Zu deren Erleichterung hat der VfGH die Lage entschärft. Nun ist klargestellt: Die für Produktionsunternehmen gewährten Erstattungen waren und sind rechtens. Die Behörden hätten allerdings den Unternehmen, deren Schwerpunkt nicht in der Herstellung körperlicher Wirtschaftsgüter besteht - Dienstleistern also - dieses Abgaben-Benefiz nicht verweigern dürfen. EU-rechtlich betrachtet darf die Beschränkung des Gesetzes auf das produzierende Gewerbe - obwohl im Text des EAVG kundgemacht - von österreichischen Behörden also nicht angewendet werden. Das ist Folge des Anwendungsvorrangs des EU-Rechts, der auch vom VfGH zu beachten ist. Dieser hat aber hier die verfassungskonforme Geset- zesauslegung durch die Behörden erzwungen - was den Dienstleistern zugute kommt. Der EAVG-Spruch ist damit ein Beispiel positiven Zusammenspiels von EuGH und nationalem Höchstgericht. (DER STANDARD, Printausgabe 8.1.2002)