Wien/New York - Auf Leben oder Tod: Eine weltweit bestaunte Entwicklung aus Wien rettete am Morgen des 11. September 2001 den US-Computer-Spezialisten Curtis Grimsley in einem der Twin Towers in New York. Das "C-Leg", die einzige "denkende" Kniegelenkprothese für Oberschenkelamputierte der Welt. Mit ihr können Betroffene - auch - "normal" Stufen abwärts gehen. Für Grimsley waren das 70 Stockwerke bis zum Überleben. Seine Prothese wurde jetzt beim Entwickler und Hersteller (Otto Bock Austria) in Wien einem eingehenden Service unterzogen. Die New York Times widmete der Wiener Erfindung, für welche die Entwickler den österreichischen Staatspreis für Innovation 2000 erhielten, vor wenigen Tagen einen großen Bericht in ihrem Wissenschafts-Teil. Grimsley, ehemals Leichtathlet mit Wettkampferfahrung und Basketballspieler, hatte bei einem Autounfall das linke Bein oberhalb des Knies verloren. Einige Jahre lang hatte er mit zwei herkömmlichen Prothesen und wegen der offensichtlichen Behinderung eher beschämt das Auslangen finden müssen. Bis er schließlich im Frühjahr 2001 das auf einer Idee von Fachleuten Universität von Edmonton in Kanada basierende und bei Otto Bock Austria in Wien in fünf Jahre langer Arbeit zur Serienreife gebrachte "C-Leg" erhielt. Der Clou Nach den Messwerten wird die Steifigkeit des Gelenks blitzschnell verändert. Will sich der "Patient" langsam nach hinten setzen, reagiert das die Prothese ganz genau und leicht nach den aufgenommenen Messwerten. Will er hingegen laufen, stellt sich das Gelenk blitzschnell auf diese Art der Bewegung ein. Die Qualitäten der Kniegelenkprothese aus Wien ließen zumindest für Curtis Grimsley, der sich ehemals geniert hatte, mit seinen alten Behelfen über den Platz zwischen den Twin Towers zur Arbeit zu humpeln, den Anschlag vom 11. September 2001 auf das World Trade Center in New York gut ausgehen. Der Amerikaner profitierte bei seiner Flucht aus einem der Twin Towers von einer entscheidenden Qualität von "C-Leg": Mit der von Lithium-Ionen-Akkus gespeisten Prothese kann der Träger wie ein Nicht-Behinderter Stiegen Schritt für Schritt abwärts gehen. Einige Wochen später allerdings machten sich bei dem "C-Leg" die Belastungen doch bemerkbar. Grimsley erhielt ein Leihexemplar des Produzenten. Das mehr als nur "erprobte" Stück kam zum Service nach Wien. Der Leiter der zuständigen Abteilung, Ing. Stefan Schneider: "Wir haben die Prothese gereinigt und das normale Service vorgenommen. Dazu gehört der Austausch von Hydrauliköl und von Dichtungen. Gehen konnte der Träger aber bis zuletzt. Es hatten sich aber gewisse Funktionseinschränkungen eingestellt." Trotz der Kosten von rund 280.000 Schilling pro Stück können österreichische Patienten nach entsprechenden Tests damit rechnen, mit der High-Tech-Prothese versorgt zu werden. Dietl: "Wer davon profitiert, für den übernehmen die Krankenkassen die Kosten. In Österreich ist die Situation sehr positiv geregelt." Das spiegelt sich auch in Zahlen wieder: Zwischen 50 und 55 österreichische Patienten bekommen derzeit pro Jahr ein "C-Leg". Das ist der überwiegende Teil der potenziellen Träger. International wird die Prothese jedenfalls immer mehr zu einem "Renner". Im Jahr 2002 soll die in Wien angesiedelte Produktion verdoppelt werden. Der größte Teil der Wertschöpfung erfolgt in Österreich. Ein solches 'C-Leg' besteht aus hunderten Teilen von insgesamt 70 Lieferanten. Das Ziel ist die möglichst optimale Versorgung der Betroffenen. Dietl: "Auch wenn das Beispiel des amerikanischen Trägers bemerkenswert ist, wir haben unsere Prothese für den 'normalen' Einsatz entwickelt. Sie soll unseren Kunden das tägliche Leben erleichtern." (APA)