Österreich
Filialleiter zwang angebliche Laden-diebinnen zu Nacktfotos
Danach kassierte 38-Jähriger noch "Bearbeitungsgebühr"
Verteidiger Werner Tomanek sprach von
"Entgleisungen", Richter Andreas Pollack hingegen von einer
"Schweinerei": Der ehemalige Filialleiter eines Supermarkts in
Wien-Ottakring wurde am Dienstag im Straflandesgericht zu zwei Jahren
bedingt verurteilt, weil er in fünf Fällen junge, attraktive Frauen
des Ladendiebstahls bezichtigt, sie in sein Büro gebracht und dort
derart unter Druck gesetzt hatte, dass sie sich völlig
eingeschüchtert nackt fotografieren ließen. Danach kassierte der
38-Jährige noch jeweils 1.000 Schilling (72,7 Euro)
"Bearbeitungsgebühr"."Es war ein neues Erlebnis für mich"
"Meine Handlungsweise kann ich mir heute auch nicht mehr erklären.
Durch die Heirat und das Häuslbauen hatte ich finanzielle
Schwierigkeiten", führte der Angeklagte ins Treffen. "Die werden
durch solche Bilder auch nicht geringer", warf der Richter ein. "Ich
habe gern erotische Fotos gemacht", gab darauf der 38-Jährige zu, "es
war ein neues Erlebnis für mich."
Der Filialleiter hatte im Supermarkt in Eigenregie eine private
Videokamera installiert. Damit dürfte er gezielt nach "geeigneten"
Opfern Ausschau gehalten haben. Dabei handelte es sich nicht in allen
Fällen tatsächlich um weibliche "Langfinger". "Ich habe nur eine
Creme auf meinem Handrücken ausprobiert und die Dose danach zurück
gestellt", erzählte etwa eine junge Frau dem Schöffensenat.
"Andere Möglichkeit, Unschuld zu beweisen"
Der 38-Jährige hatte das beobachtet, sprach sie nachher im
Kassenbereich forsch auf den angeblichen Diebstahl an und dirigierte
sie in sein Büro. "Ich war perplex. Ich war sehr aufgelöst. Ich hab
ja wirklich nichts gemacht", berichtete die Zeugin. Der Filialleiter
drohte mit der Polizei, außerdem werde er ihren Arbeitgeber
verständigen. Die Frau, die damals Aussicht auf einen Karrieresprung
hatte, wollte das unbedingt verhindern. Deswegen stieg sie
schließlich auf sein Angebot ein, "auf eine andere Möglichkeit, die
Unschuld zu beweisen", wie es der Filialleiter ihr gegenüber
ausdrückte.
Die Frau musste sich ihrer Oberbekleidung entledigen, wurde
mehrmals fotografiert und durfte dann gehen. Ein 17 Jahre altes
Mädchen musste sich wenig später ebenfalls bis auf den Slip
ausziehen, nachdem der Mann ihr zu verstehen gegeben hatte, er werde
die angehende Krankenpflegerin ansonsten in ihrer Schule
"verpfeifen". Ein anderes Opfer brachte er sogar dazu, ihn noch ein
Mal nach Dienstschluss aufzusuchen, wo er dann ebenfalls seine
voyeuristischen Gelüste befriedigte.
"Berwerflichen Beweggründe"
Daneben nahm der Mann in 17 weiteren Fällen älteren Frauen oder
männlichen Kunden Geld ab, indem er sie - zum Teil wiederum
fälschlicherweise - des Diebstahls beschuldigte und ihnen eine
Anzeige oder Schwierigkeiten mit dem Arbeitgeber in Aussicht stellte.
Einige schickte er zu diesem Zweck gar zum Bankomaten.
Trotz seiner "besonders verwerflichen Beweggründe" (Staatsanwältin)
kam der nunmehrige Tankstellenpächter mit einer
bedingten Freiheitsstrafe davon. Ausschlaggebend dafür waren sein
umfassendes Geständnis, die bisherige Unbescholtenheit sowie die
immerhin viereinhalb Monate, die er in Untersuchungshaft verbracht
hatte. Die Anklägerin war mit dem Urteil nicht einverstanden. Sie
meldete Berufung an. (APA)