Welt
Dalai Lama will nicht auf chinesischem Gebiet wiedergeboren werden
Tibets Exil-Oberhaupt entzieht Peking Einflussmöglichkeit auf Bestimmung der Reinkarnation
Neu-Delhi - Der Dalai Lama, Tibets geistliches und
weltliches Oberhaupt im Exil, hat angekündigt, dass er nach seinem
Tode nicht im besetzten Tibet oder einem anderen Gebiet unter
chinesischer Herrschaft wiedergeboren wird. Wenn Tibet zu seinen
Lebzeiten nicht mehr befreit werde, finde seine Wiedergeburt in einem
anderen Land statt, das frei sei, sagte der 66-jährige 14. Dalai
Lama, Tenzin Gyatso, am Dienstag in Sarnath im Norden Indiens,
wie die indische Presseagentur UNI berichtete. Nach der Lehre des
tibetischen Lamaismus hat der Dalai Lama ("Ozean des Wissens") als
Reinkarnation des Boddhisattwa Awalokiteshwara Einfluss auf den Ort
und die Familie, in der er wieder zur Welt kommt. Der gegenwärtige Dalai Lama wurde 1935 im Laji-Gebirge südlich von
Xining in der chinesischen Provinz Qinghai geboren und im Alter von
zwei Jahren als Reinkarnation des 1933 verstorbenen 13. Dalai Lama
erkannt und nach Lhasa gebracht. Am 22. Februar 1940 wurde er
feierlich inthronisiert.
Über die nach dem Dalai Lama zweithöchste tibetische Autorität,
den Pantschen Lama, gibt es Streit. Peking lehnt den vom Dalai Lama
als rechtmäßige Wiedergeburt des 1989 verstorbenen 10. Pantschen Lama
anerkannten Knaben Gedhun Choekyi Nyima ab und hat einen
Gegen-Pantschen-Lama bestimmt. Das UNO-Komitee für die Rechte des
Kindes hat von der Volksrepublik bisher vergeblich Zugang zu Nyima
gefordert.
Nach der nunmehrigen Ankündigung des Dalai Lama wäre es für
das kommunistische China, das Tibet 1951 besetzt hat, praktisch
unmöglich, nach seinem Tode den künftigen Dalai Lama zu bestimmen
und für diesen Unterstützung im Volke zu finden. (APA)