Finanzen & Börse
Prodi: Kein Hinweis auf Inflationsschub
EU-Kommissionspräsident: Noch diese Woche bis zu 90 Prozent Einkäufe in Euro
Brüssel - Bereits eine Woche nach der Einführung des Euro-Bargeldes werden
drei Viertel aller Geldtransaktionen in den zwölf Ländern des
Währungsblocks bereits in der neuen Währung getätigt. Darauf verwies
EU-Kommissionspräsident Romano Prodi am Mittwoch in Brüssel.
Praktisch alle Geldautomaten seien mit Euro versorgt. Noch in der
laufenden Woche würden 90 Prozent der Einkäufe im neuen Geld
getätigt, erwartet die EU-Kommission weiter. Spitzenreiter sind die Niederlande und Irland, wo der Euro
praktisch die alten Währungen schon verdrängt hat. Groß- und
Kleinhandel seien mittlerweile gut mit dem neuen Geld versorgt. Damit
seien sie gut auf die Winterschlussverkäufe vorbereitet, die wegen
der Währungsumstellung in den meisten Ländern auf Mitte oder Ende
Jänner verschoben wurden, sagte Prodi.
"Kein Hinweis auf Inflationsschub"
Trotz vereinzelter Meldungen von Verbraucherschutzorganisationen
über überhöhte Preise vor allem in kleineren Einzelhandelsgeschäften
gibt es laut Prodi keine Hinweise auf eine allgemeine Preissteigerung
und damit auf einen Inflationsschub. Dafür werde auch der verstärkte
Wettbewerb zwischen den großen Handelsketten sorgen. Die
EU-Kommission will aber die Preisstabilität, zu der sich der Handel
verpflichtet hatte, weiter überwachen, bis alle Probleme ausgeräumt
sind. Bei der Preisgestaltung selber, etwa im öffentlichen Verkehr,
könne sie jedoch nicht eingreifen, erinnerte Prodi.
Solbes: Altgeld so rasch wie möglich vernichten
Währungskommissar Pedro Solbes verwies darauf, dass vier der zwölf Euroländer die Preise
systematisch abgerundet hätten, nämlich Frankreich, Deutschland,
Italien und Griechenland. Das Altgeld muss laut Solbes von den Banken
so rasch wie möglich zurückgezogen und vernichtet werden.
Engere Abstimmung bei Wirtschaftspolitik
Beide Politiker forderten eine engere Abstimmung der
Wirtschaftspolitiken der Euro-Länder als nächsten Schritt. Dabei
bleibe aber der Stabilitäts- und Wachstumspakt, der alle
Mitgliedstaaten zu einer strikten Haushaltsdisziplin verpflichtet,
"unverrückbarer Pfeiler", betonte Prodi.
In den nächsten Monaten will die EU-Kommission ein Dokument zur
engeren Koordinierung zahlreicher Politikbereiche vorlegen, die durch
die Euro-Einführung notwendig geworden sind, kündigte Prodi an. Eine
Aufwertung der Euro-Gruppe, in der sich die Zwölf vor jedem Treffen
der EU-Finanzminister absprechen, sei nicht geplant, so Solbes. Es
handle sich um eine "informelle Instanz per definitionem".
Zu den drei Außenseitern Großbritannien, Schweden und Dänemark,
die den Euro vorerst nicht einführen wollen, meinte Prodi, die
übrigen Länder könnten nur das gute Beispiel geben. Die drei Länder
müssten selbst entscheiden, ob und zu welchem Zeitpunkt sie zur
Eurozone stoßen wollten. fügte hinzu,
dass "wesentliche Vorbedingung" die Einhaltung der
Konvergenzkritierien (wie niedrige Inflationsrate, Zinsen und
öffentliches Defizit) sei. Der gute Verlauf der größten
Umstellungsaktion der Welt schwäche auch die Argumente der
Euro-Gegner. (APA)