Italien
"Italien wird zur stärksten Rechtsregierung in Europa"
Oppositions-Chef Castagnetti: Wahl des Postfaschisten Fini "unvermeidlich"
Rom - Die Ambitionen des italienischen Vizepremiers und
Postfaschisten-Führers Gianfranco Fini auf den vakanten Posten des
Außenministers sorgen für Wirbel in den Reihen seiner rechten
"Nationalallianz" (AN). Die Führungsriege um den promovierten
Pädagogen, der 1995 den neofaschistische MSI (Movimento Sociale
Italiano) in eine Rechtspartei nach gaullistischem Modell umgewandelt
hat, wittert die Möglichkeit eines baldigen Wechsels an der Spitze
der zweitstärksten Regierungspartei. Daher unterstützt sie mit
Enthusiasmus Finis Kandidatur für die Nachfolge des am Samstag
zurückgetretenen Außenministers Renato Ruggiero, der aus Protest
gegen antieuropäische Aussagen innerhalb der Regierung das Handtuch
geworfen hatte. Fini, der mit Regierungschef Silvio Berlusconi im Jahr 1994 das
Mitte-Rechts-Bündnis "Haus der Freiheit" gebildet hatte, erklärte, in
seiner Rolle als Vizepremier sei er ein "logischer Kandidat" für
Ruggieros Nachfolge. Finis Kandidatur wird aktiv von seinen engsten
Mitarbeitern, unter anderem dem Präsidenten der Region Lazio,
Francesco Storace, und dem Fraktionschef der AN-Abgeordneten, Ignazio
La Russa, vorangetrieben. Finis engste Mitarbeiter hoffen, dass der
Arbeitsdruck im Außenministerium Fini zwingen wird, die Parteiführung
zu verlassen, was beim AN-Kongress im April die Wahl eines neuen
Vorsitzenden nötig machen würde.
"Mussolini im Armani-Anzug"
Storace, ein ehemaliger Sprecher Finis, würde im Rennen um den
AN-Vorsitzenden die Nase vorn haben. Ob Berlusconi den
prestigereichen Ministersessel Fini anvertrauen will, ist noch
ungewiss. Der 50-jährige Fini, den britische Medien in den
vergangenen Jahren als "Mussolini im Armani-Anzug" bezeichnet hatten,
könnte der Regierung wegen seiner Rolle als Chef einer
postfaschistischen Partei auf internationaler Ebene Probleme
verursachen. Außerdem gilt Fini nicht gerade als sprachgewandt - er
spricht kaum Englisch - was seine Arbeit als Leiter des
Außenministeriums erschweren würde.
Der Sprecher der jüdischen Gemeinschaft in Rom, Amos Luzzato,
erklärte, er lege kein Veto gegen Finis Kandidatur zum Außenminister
ein, der AN-Chef sollte sich aber von einigen neofaschistischen
Tendenzen in seiner Partei distanzieren. Vor allem die zunehmende
Intoleranz innerhalb der Partei gegenüber Immigranten sei Besorgnis
erregend, sagte Luzzato.
Castagnetti: "Wahl ist unvermeidlich"
Der Chef der oppositionellen Sammelbewegung "Margherita",
Pierluigi Castagnetti, ist sich sicher, dass sich Berlusconi für Fini
als Außenminister entscheiden wird. "Die Wahl ist unvermeidlich, da
die AN in der Regierung an Bedeutung gewinnen will und Berlusconi
braucht ihre bedingungslose Unterstützung", so Castagnetti.
Mit Fini im Außenministerium würde Italien zum Land mit der
stärksten Rechtsregierung in Europa aufrücken, meinte der Politiker.
"Diese Regierung ist Ausdruck der drei Komponenten der italienischen
Rechten: Die historische Rechte, die von Fini repräsentiert wird, die
finanzstarke Rechte unter der Führung Berlusconis und der
rechtspopulistische Flügel, der von der Lega Nord von Umberto Bossi
vertreten ist. Das echte Problem ist, welche Haltung die anderen
europäischen Regierung Fini gegenüber einnehmen werden", meinte
Castagnetti. (APA)