Berlin - Angela Merkel war als Kind "ein Bewegungsidiot", wie sie es selbst bezeichnet. Sie konnte erst knapp vor der Einschulung richtig gehen. Mit zwölf Jahren hatte sie noch Schwierigkeiten, eine Stiege hinunterzusteigen. Dass diese Bergab-Phobie der Grund dafür ist, dass sie nur nach oben strebe, bestreitet die CDU-Chefin. Aber eine Folge habe diese Erfahrung: "Dass man sich jeden Schritt genau überlegt."

Ihr ist die steilste politische Karriere im wiedervereinigten Deutschland gelungen: Innerhalb von zehn Jahren von der anonymen Doktorin der Physik zur Pressesprecherin der Partei Demokratischer Aufbruch, zur stellvertretenden Sprecherin der letzten DDR-Regierung 1990. Nach der Wiedervereinigung von der Abgeordneten zur Frauenministerin, zur CDU-Vizevorsitzenden, zur Umweltministerin, zur CDU-Generalsekretärin bis zur ersten Chefin einer deutschen Großpartei. Kanzlerin will sie noch werden.

Ossi aus dem Westen

Die "Ossi-Biene mit der Pokermiene", wie sie beim Starkbieranstich in München besungen wurde, ist eigentlich eine gebürtige Wessi. Drei Wochen nach der Geburt ihrer Tochter 1954 in Hamburg folgte Herlind Jentzsch dem evangelischen Pastor Horst Kasner in die DDR. Er war zum Theologiestudium in den Westen gezogen, kehrte danach aber wieder zurück.

Die Zeit in der DDR hat Merkel, die den Familiennamen aus ihrer ersten Ehe behalten hat, geprägt, politisiert wurde sie in der Wendezeit. Ihre Mutter arbeitete damals für die SPD, ihr Bruder für Bündnis 90, das mit den Grünen fusionierte. Merkel fand in der CDU ihre Heimat, "weil ich mich dort am besten angenommen gefühlt habe". (afs, DER STANDARD, Print vom 10.1.2002)