Unterpremstätten - Ein wendiger PR-Kanzler. Zu Wochenbeginn noch schäkerte er mit Kindern und Müttern, denen er das Kindergeld und von ihm selbst bemalte "Schlummerlichter" nahe brachte, zwei Tage später, am Mittwoch machte der PR-Zug der ÖVP in der Hightech-Schmiede der "austriamicrosystems" im steirischen Unterpremstätten nahe Graz Halt. Waren es am Montag leuchtende Kinderaugen, die ein schönes Bild abgaben, so bot diesmal ein Topbetrieb der Computerbranche einen optimalen PR-Hintergrund für den Startschuss der wirtschaftspolitische Agenda 2010.

Schüssel wies gleich zu beginn den Weg, wohin er die wirtschaftliche Entwicklung Österreich führen wolle. Schüssel: "Mein Traum ist es, dass wir bis 2010 zu den Top-Drei-Ländern in Europa gehören." Bis zum Jahr 2010 müsse zur Stärkung des Wirtschaftsstandortes die Steuerquote unter 40 Prozent gesenkt werden. Das werde nicht ohne Opfer gehen und es müssten parallel dazu die öffentlichen Leistungen der Gesellschaft auf einem hohen Niveau erhalten bleiben. Entsprechende Modelle zu entwerfen sei Aufgabe des Expertengremiums, das die Wirtschaftsagenda erstellen werde. Es werde schwierig, zumal auch mit problematischen ökonomischen Entwicklungen zu rechnen sei.

So wie jetzt.

Schüssel: "Ich will das Wort Krise vermeiden." Aber, wir befänden uns dennoch in einer "Krise auf hohem Niveau". Die Regierung sei aber dabei, mit vorgezogenen Investitionen im Baubereich der Bundesimmobilien, mit zusätzlichen Initiativen im Forschungs- und Entwicklungsbereich sowie mit Milliarden-Euro-Investitionen im Infrastrukturbereich der Schienen und Straßen gegenzusteuern. Vor allem im Infrastruktursektor passiere "heute mehr als in den Regierungen zuvor".

Das als "Jahrzehnt-Wirtschaftskonferenz" hochgezogene ÖVP-Neujahrstreffen in Unterpremstätten, zu dem Landeshauptfrau Waltraud Klasnic die gesamte VP-Spitze und hochkarätige Wirtschaftsfachleute einlud, hatte einen bemerkenswerten Schwachpunkt.

VP-Landeschefs fehlten

Die gewichtigen VP-Landeshauptleute Erwin Pröll, Franz Schausberger, Josef Pühringer und Herbert Sausgruber blieben dem Toptermin fern. Im Büro des Vorarlberger Landeshauptmannes hieß es, Sausgruber nehme an einer internen VP-Landtagsklubsitzung teil, die die Schwerpunkte des laufenden Jahres zum Inhalt habe. Außerdem seien die Verbindungen nach Graz schwierig. Salzburgs Franz Schausberger ließ ausrichten, er habe "unaufschiebbare Termine" und habe deshalb den Wirtschaftsreferenten des Landes geschickt. Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll hatte ebenso ein lupenreines "Alibi" vorzuweisen. Er übergab an Oberöstereichs VP-Landeshauptmann Pühringer den Vorsitz der Landeshauptleutekonferenz. Etwaige klimatische Störungen zwischen den Landeshauptleuten und der VP-Bundesspitze wurden energisch dementiert.

Indessen attackierte Bundeskanzler Schüssel überraschend scharf die Oppositionspartei SPÖ, während er über seine Koalitionspartner FPÖ und dessen Landeshauptmann Jörg Haider schwieg. Schüssel warf der SPÖ vor "auch in der Wirtschaftspolitik" einen "Zick-zackkurs" zu fahren. Einmal fordere sie eine Ent- dann wieder Belastung der Unternehmen. Die Kritik von SP-Chef Alfred Gusenbauer an der Abfertigung neu sei "frivol", befand Schüssel.

Die Beiträge des Neujahrstreffen werden in eine VP-Wirtschaftscharta einfließen.

(DER STANDARD, Printausgabe, 10.1.2002)