Wien - "Unglaubliche Desinformation" wirft der Präsident des Verfassungsgerichtshofs, Ludwig Adamovich, der FPÖ im Zusammenhang mit dem Erkenntnis über die zweisprachigen Ortstafeln in Kärnten vor. Dies gelte sowohl für den Zeitpunkt des Erkenntnisses als auch für die von Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer aufgestellt Behauptung, der Spruch sei nur mit knapper Mehrheit erfolgt. "Das kann sie nicht wissen, weil die Abstimmung geheim erfolgte", erklärte Adamovich am Mittwoch im Gespräch mit dem STANDARD , in dem er sich entsetzt über die Vorgangsweise der FPÖ zeigte. Adamovich: "Was hier läuft, hätte ich mir nicht in den schlimmsten Vorstellungen ausmalen könne." Der VfGH-Präsident rechnet mit weiteren FPÖ-Angriffen.

In die Auseinandersetzung hat sich am Mittwoch Bundespräsident Thomas Klestil eingeschaltet. Er empfing SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer zu einer Unterredung, der ein Machtwort des Staatsoberhaupts gegenüber dem Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider verlangt hat. Gusenbauer will, dass Klestil Haider zu sich zitiert und ihn daran erinnert, dass er seinen Eid auf die Bundesverfassung abgelegt hat. "Dieser umfasst auch die Einhaltung der Gesetze und die Anerkennung der Institutionen der Republik", sagte Gusenbauer.

Grünen-Chef Alexander Van der Bellen wiederum will ein Machtwort von Gusenbauer und zwar in Richtung der Kärntner SPÖ. Van der Bellen verlangt vom SPÖ-Vorsitzenden, dass er Druck auf seine Parteifreunde ausübt, damit diese mit der ÖVP einen Misstrauensantrag gegen Haider im Kärntner Landtag einbringen. Gusenbauer skeptisch: "Ich bin gegen leere Kilometer." Der Antrag sei zum Scheitern verurteilt und: "Warum sollte man auf diesem sinnlosen Weg Haider einen Abstimmungserfolg verschaffen?" (ina)

(DER STANDARD, Printausgabe, 10.1.2002)