Technik
Jüngste Neutrino-Theorien "wahrscheinlich richtig"
CERN-Wissenschafterin Cecilia Jarlskog hält Theorie für 90 Prozent wahrscheinlich
Wien - Auch wenn es durch die meist stark vereinfachte
Darstellung in den Massenmedien oft den Anschein erweckt: Absolute
Sicherheit in der Wissenschaft gibt es nicht. Das gilt auch für
aktuelle Forschungsergebnisse in der Physik, erklärte die
CERN-Wissenschafterin Cecilia Jarlskog, auf Einladung von Anton
Zeilinger (Institut für Experimentalphysik der Uni Wien) und der
Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) in Österreich.Wahrscheinlichkeit von 90 Prozent
Dass jüngste Erkenntnisse in der Neutrinoforschung und daraus
gebildete Theorien über eine Masse dieser Teilchen zutreffen, schätzt
Jarlskog auf eine Wahrscheinlichkeit von 90 Prozent. Neutrinos sind
winzige Teilchen, die mit anderen Partikeln nur sehr selten
wechselwirken. Produziert werden sie etwa bei den
Kernfusionsprozessen in der Sonne. Von dem permanenten Neutrinostrom,
der von unserem Zentralgestirn ausgeht, treffen nur einige wenige mit
Protonen, Elektronen und sonstigen Teilchen der Erde zusammen. Der
Rest rauscht völlig unbeeinflusst durch unseren Globus durch.
Wechselwirkungen mit Materie sind sehr selten
Da Wechselwirkungen mit Materie derart selten sind, müssen sich
die Wissenschafter bei der Untersuchung dieser lange als völlig
rätselhaft geltenden Teilchen auf sehr große Detektoren verlegen. So
werden etwa riesige, unterirdische Wassertanks eingesetzt, in denen
die wenigen Kollisionen winzige Leuchtspuren hinterlassen. Lange Zeit
rätselten die Physiker, ob Neutrinos eine Masse haben, oder - wie
Lichtteilchen (Photonen) - masselos sind.
Neutrinos sollen sich auf ihrem Weg von der Sonne zur Erde verändern
Die Klärung der Frage glaubt man nun über einen Trick gefunden zu
haben: Theoretiker haben errechnet, wieviel von jeder Neutrino-Sorte
- es gibt drei verschiedene - in der Sonne produziert werden müssten.
Dies stimmt aber nicht mit dem überein, was die Experimentalphysiker
in ihren Wassertanks messen. Daher - so die gängige Meinung - liegt
die Vermutung nahe, dass sich die Neutrinos auf ihrem rund acht
Minuten langen Weg von der Sonne zur Erde verändern.
Für den unbedarften Laien drängt sich die Frage auf, ob nicht eher
Sonnentheorien oder auch die Messungen schlicht falsch sein könnten.
Doch diesen Einwand lässt Jarlskog nur bedingt gelten. Bezüglich der
Experimente lässt sich feststellen, dass die beobachtete Diskrepanz
zwischen berechneter und gemessener Menge nicht nur für die Neutrinos
aus der Sonne zutrifft, sondern auch für jene, die durch die
Strahlung im Weltraum produziert werden. (APA)