Inland
Paragraf 209: Wiener OLG lehnt Diversion ab
Verfahrens-Fortsetzung gegen 37-Jährigen erwirkt - Angeklagtem drohen bis zu fünf Jahren Haft
Wien - Der Wiener Richter Thomas Schrammel sah im August
2001 keinen Grund, einen 37-jährigen EDV-Techniker zu verurteilen,
der mit einem 15 Jahre alten Burschen eine Beziehung eingegangen war,
in der mit beiderseitigem Einverständnis auch die sexuelle Komponente
ausgelebt wurde. Das Verfahren wegen Par. 209 Strafgesetzbuch
("Gleichgeschlechtliche Unzucht mit Personen unter 18 Jahren") sollte
nach dem Willen des Richters mittels Diversion erledigt werden: Gegen
eine Buße von 20.000 Schilling (1.453 Euro) wäre das Verfahren
eingestellt worden und der 37-Jährige einer Vorstrafe entgangen.Keine Diversion wegen "schwerer Schuld"
Das Wiener Oberlandesgericht (OLG) war allerdings dagegen und gab
der Beschwerde des zuständigen Staatsanwaltes statt: Der 37-Jährige
habe "schwere Schuld" auf sich geladen. Die Entscheidung des
Erstgerichts wurde ohne mündliche Verhandlung aufgehoben, die
Fortsetzung des Verfahrens angeordnet. Aus dem Juristendeutsch
übersetzt heißt das: Der Mann muss bestraft werden, die Sache darf
nicht ohne formellen Schuldspruch beigelegt werden.
Dabei hatte Richter Thomas Schrammel die Diversion unter anderem
deshalb herangezogen, weil nach seinem Dafürhalten der Beschuldigte
mit seinem Partner derart "rücksichtsvoll und einfühlsam" vorgegangen
war, "wie man sich das bei manchen Heterosexuellen, die nach ein paar
Bier auf eheliche Pflichten pochen, wünschen würde", wie er in seiner
Begründung vermerkte. Das OLG maß dem keine Bedeutung bei: Dieser
Umstand sei "irrelevant", hieß es in dem entsprechenden Beschluss.
Bis zu fünf Jahre Haft
Damit kommt Schrammel nicht umhin, die Sache am kommenden Dienstag
im Straflandesgericht gegen seine Überzeugung weiter zu verhandeln.
Strafrahmen für den angeklagten 37-Jährigen: Sechs Monate bis zu fünf
Jahre Haft. "Bedenken Sie, dass dasselbe jemandem droht, der wegen
einer Vergewaltigung vor Gericht steht", bemerkte der Richter am
Donnerstag dazu. (APA)