Während der Diskussionsveranstaltung im Wiener Depot "Frauen in der Werbung" vergangenen Mittwoch wurde eines ganz klar deutlich: Diejenigen, die Werbung machen, sind nicht wirklich bereit, sich über die Problematik des Frauenbilds in der Werbung Gedanken zu machen und jene, die sich eingehend damit beschäftigen, z.B. Feministinnen, KünstlerInnen, MedienkritikerInnen oder PolitikerInnen haben keine direkten Möglichkeiten, an der Praxis der Werbung mit bzw. durch Frauen etwas zu ändern. "Dumm, aber nicht frauenfeindlich" Und so erhitzten die ersten Statements an diesem Abend auch die Gemüter der in großer Zahl eingetroffenen Interessierten: Für Patrick Schierholz von der Werbeagentur SSX war es unmöglich eine frauenfeindliche Werbung zu nennen. Das Werbesujet der Ersten Bank sei lediglich dumm, aber auf keinen Fall "frauenfeindlich". Dabei besonders interessant: die Vergangenheit des wortreichen Werbetexters. Unter Schierholz entstand 1981 die skandalträchtige Palmers-Werbeaufschrift: "Trau dich doch" – unter einem Model in Reizwäsche und lasziver Pose. Seine Sitznachbarin an diesem Abend, Laura Latanza von der Werbeagentur GGK, bezeichnete es als Anachronismus, von Sexismus in der Werbung zu sprechen, da längst Frauen als Täterinnen bzw. Mittäterinnen in Werbeagenturen über Werbesujets entscheiden würden und es deshalb nicht mehr die Männer als alleinige Täter anzuklagen gelte. Man müsse unterscheiden zwischen Respektlosigkeit gegenüber Frauen und "Prüderie": "Gestöhnt wird doch überall, oder?", so die Einschätzung der Client Service Direktorin. Latanza warf nach eigenen Angaben in den frühen 80ern selber mit Farbbeuteln nach sexistischer Werbung, aber heute sähe sie dafür keine Notwendigkeit mehr... Ethische Grenzen der Werbewirtschaft Für Wolfgang Fojtl von der Werbeagentur ppi united stand vor allem die Frage im Vordergrund, wo die Werbewirtschaft ihre ethischen Grenzen zieht. Die Strategie des "Auffallens" sei nicht endlos fortsetzbar, so Fojtl, sonst würden "Banken bald aus Werbezwecken auf die Strasse scheißen". Dass der Werbewirtschaft kein praktikables Regulativ vorgehalten wird, war allen Beteiligten bewusst. "Der Werberat als freiwillige Selbstkontrolle ist schon allein aufgrund seiner Zusammensetzung (acht Frauen bei 28 Mitgliedern) keine ideale Anlaufstelle", merkte Rosa Logar von der Interventionsstelle gegen Gewalt an. Das Publikum - eine Erleichterung Durch zahlreiche Wortspenden aus dem Publikum kam die Diskussion erst in Gang: "Der sexistische Blick" sei auch von den Frauen verinnerlicht worden, deshalb gäbe es auch weniger Widerspruch gegenüber frauenfeindlicher Werbung, meinte eine Zuhörerin. Veränderung in der Werbung könne also nur durch eine Veränderung in der Gesellschaft zustande kommen. Die Grüne Nationalratsabgeordnete Madeleine Petrovic betonte, dass die ökonomische Unabhängigkeit von Frauen Sexismus in der Werbung zurückdrängen würde. Auch hier die Einschätzung, dass Werbung die Gesellschaft, in der sie gemacht wird, widerspiegelt, aber gleichzeitig auch verzerrt und wiederum formt. Bleibt zu hoffen, dass die Werbewirtschaft ihre Verantwortung für gesellschaftliche Prozesse nicht länger ignoriert, sondern in ihre Sujets einbaut. Und vor allem: Dass der Widerstand wieder stärker wird. (freu)