Netzpolitik
Schweizer Tageszeitungen gegen Gratis-Inhalte im Internet
Kostenpflichtige Nutzung der "Südostschweiz" im Internet - NZZ und "Blick" planen ebenfalls Abschied vom Gratis-Content
In Schweizer Medienhäusern werden Überlegungen
laut, die Internet-Ausgaben der Tageszeitungen nicht mehr gratis ins
Web zu stellen. Nachdem die Refinanzierung über Werbung nicht
funktioniert wie erwartet, soll die Nutzung der journalistischen
Beiträge kostenpflichtig werden. Als erste deutschsprachige Schweizer
Tageszeitung, hat die "Südostschweiz" die kostenpflichtige Nutzung
ihrer Online-Ausgabe eingeführt.Rätselhaftes
"Für mich ist es ein Rätsel, weshalb wir unsere teuer
hergestellten redaktionellen Inhalte gratis ins Netz stellen",
scheibt Verleger Hanspeter Lebrument in einem "Persönlich"-Artikel
vom Jänner. Dies sei, als ob die Erfolgsgaranten eines Verlages auf
den Strich geschickt würden, zog er einen drastischen Vergleich. Der
Traum von der Geldmaschine Internet zeigt für Lebrument den Verfall
der redaktionellen und verlegerischen Kultur. Banner und Buttons im
Internet seien einst attraktiver erschienen als das "hässliche
Entlein", das Inserat in der Tageszeitung.
Diskussionen
Auch bei der größten Schweizer Tageszeitung "Blick" wird die
Einführung der kostenpflichtigen Nutzung erwogen. Man diskutiere dies
momentan für gewisse Rubriken, wie zum Beispiel Erotik und Sport,
sagte Richard Schmidt, Chef der Online-Redaktion. Die NZZ geht
denselben Weg. In Planung sei die Einführung der kostenpflichtigen
Nutzung des NZZ-Archivs, sagt Martin Breitenstein, Redaktionsleiter
der NZZ Online.
Zeitalter der Gratis-Inhalte ist vorbei
Laut Peter Hartmeier, "Tages-Anzeiger"-Sprecher, ist das Zeitalter
der Gratis-Inhalte nach dem Motto "content is free" vorbei:
"Journalistischer Inhalt ist teuer. Auch die Unabhängigkeit der
Medien hat ihren Preis." Es sei nicht logisch, für die gedruckte
Zeitung zu bezahlen und die gleiche Zeitung im Internet gratis zu
lesen zu können.
Zukunftsaussichten
"Die Werbung im Internet hat nicht den erhofften Gewinn
gebracht", kommentiert Roger Blum, Medienwissenschafter an der
Universität Bern, die Entwicklung. Für kostenpflichtige Inhalte im
Netz sieht er durchaus Chancen: Außergewöhnlich informationshungrige
Menschen und vor allem Unternehmen würden bereit sein, für
Informationen und News aus dem Netz zu bezahlen. "Profiteure von
dieser Entwicklung werden große Tageszeitungen mit gutem Ruf sein",
sagt Blum. Nur diese werden voraussichtlich auch in Zukunft eine
eigene Online-Redakion betreiben können. (APA)