Linz - Ein Stück Vergangenheitsbewältigung der etwas anderen Art - das war am Sonntagabend in den Linzer Kammerspielen die Uraufführung des Stücks "An wen soll ich schreiben ? An Gott ?" des derzeit in Innsbruck tätigen Linzer Psychologen Karl Fallend. Der Text basiert auf den authentischen Aussagen von ehemaligen Zwangsarbeitern in den Linzer "Hermann-Göring-Werken". Fallend war Mitglied einer "Historikerkommission" gewesen, die im Auftrag der VOEST Alpine die Situation und die Schicksale der Zwangsarbeiter in der NS-Zeit in Linz aufarbeitete. Das Material aus unzähligen Interviews hat Fallend als Auftragsarbeit des Linzer Landestheaters für die Bühne adaptiert. Erzählungen Fünf Protagonisten - zwei Frauen und drei Männer - berichten über ihre traumatischen und noch heute betroffen machenden Erlebnisse, aber auch über ihre Versuche, dem Zwang und Druck der Situation wenigstens für Stunden zu entgehen, womit Linz mit seinem damaligen bescheidenen Angebot der Ablenkung und des "Vergnügens" - bis hin zu den eigens für Ausländer eingerichteten Bordellen - zum "Paradies" für die Zwangsarbeiter wird. Nikolaus Büchel - verantwortlich sowohl für die Regie als auch die Bühne - hat als Ambiente für die weitgehend monologisch ablaufenden "Erzählungen" der ehemaligen Zwangsarbeiter eine Art "Wohnzimmer" gewählt, angefüllt bis überfüllt mit alten Möbeln und sonstigem Kram, die von Zeit zu Zeit den Schauspielern für verhaltene "Action" dienen. Offensichtlich ein Versuch, ansatzweise auch Handlung einzubauen, der aber nicht wirklich notwendig gewesen wäre - die Texte in ihrer Eindringlichkeit und Authentizität sind "dramatisch" genug. Abgesehen davon hat aber Nikolaus Büchel erreicht, was er sich mit "An wen soll ich schreiben ? An Gott ?" zum Ziel gesetzt hat: Theater zu so etwas wie einer "kollektiven Erinnerungsanstalt" zu machen. (APA)