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Wien/Linz - Donnerstagabend im Büro der Vizekanzlerin: Zwei Dutzend Politikwissenschafts-Studenten aus Salzburg befragen Susanne Riess- Passer zur Politik der FPÖ, aber so richtig will die Diskussion nicht in Gang kommen. Die FPÖ ist kein richtiger Aufreger mehr - und der Freiheitliche, der wirklich für Aufregung sorgt, sitzt nicht am Tisch. Wie stark die Glaubwürdigkeit der freiheitlichen Regierungsmannschaft unter dem Verhalten des Kärntner Landeshauptmanns und seinen Aussagen zu Schiedsrichtern und Höchstrichtern leide, will ein Student wissen. Die Parteichefin sagt darauf kühl: "Die Schiedsrichterfrage wird nicht wahlentscheidend sein." Und: "Stil ist eine Geschmacksfrage, aber das hat der Wähler zu entscheiden." Sie spricht gerne über das Leistungsprinzip und über Steuersenkung. Aber wenn man die Daten der jüngsten Parteikompetenz-Studie ansieht, die das Linzer market- Institut für den Standard erhoben hat, dann sieht man, dass die FPÖ mit beiden Themen nicht optimal liegt. 1998, in Opposition, hatte sie das Thema Steuersenkung führend besetzt. Heute wird Steuersenkung von 44 Prozent mit der SPÖ, aber nur von 21 Prozent mit der FPÖ assoziiert. Umgekehrt hat sich die Einschätzung, die FPÖ stünde für Steuererhöhungen von acht auf 27 Prozent verdreifacht. Die Leistungsgesellschaft, die 1998 noch kein Thema war, wird ihr von 27 Prozent zugeordnet, da hat die ÖVP (31 Prozent) die Nase vorn. Eines der zentralen Themen - die Überwindung der Konkordanzdemokratie und des Proporzes - sprechen auch die Studenten an, mit dem anschließenden Verdacht, dass nun die FPÖ alle zu ergatternden Posten blau einfärbe. Dies entspricht, auch wenn es die Vizekanzlerin umgehend bestreitet, zumindest dem Eindruck eines Teiles der Bevölkerung: Die FPÖ wird kaum mit sozialem Frieden, aber auch signifikant weniger als vor drei Jahren mit einem Abbau von Freunderlwirtschaft in Verbindung gebracht. "Sie punktet noch mit Oppositionsthemen, hat aber noch wenig positive Regierungskompetenzen bauen können," sagt market-Chef Werner Beutelmeyer. Negatives schlägt dagegen rasch zu Buche: Immer mehr Befragte meinen, die FPÖ schränke die persönliche Freiheit ein. (DER STANDARD, Print-Ausgabe vom 12./13.1.2002)