Deutschland
Der Streit um die Kanzlerkandidatur der deutschen Union
Verzicht Merkels beendet heftige Debatte über die "K-Frage"
Hamburg - Die Unionsparteien CDU und CSU haben lange
über ihren Kanzlerkandidaten für die Bundestagswahl und über den
Zeitpunkt der Nominierung diskutiert. Schon bald nach der verlorenen
Wahl 1998 legten die beiden damaligen Parteichefs fest: Die
Kandidatenfrage wird erst zu Beginn des Wahljahrs 2002 entschieden.
Die "K-Frage" spitzte sich dann auf zwei Personen zu: auf CDU-Chefin
Angela Merkel und den bayerischen Ministerpräsidenten und CSU-Chef
Edmund Stoiber. Jänner 1999: Nach seiner Wahl zum CSU-Chef erklärt Stoiber zur
Kandidatenfrage: "Das Spiel ist gerade erst angepfiffen ... Die Frage
entscheiden wir zehn Minuten vor Spielende."
April 2000: Auf dem Höhepunkt des CDU-Spendenskandals wird CDU-
Generalsekretärin Angela Merkel mit überwältigender Mehrheit zur
Parteichefin gewählt. Sie soll die Partei aus dem Skandal führen.
November 2000: Stoiber schließt eine Kanzlerkandidatur für sich
noch definitiv aus. Beide Parteien weisen Spekulationen zurück, sie
hätten sich intern schon auf Merkel geeinigt.
Dezember 2000: Stoiber sagt: "Über die Kanzlerkandidatur
entscheidet die Union gemeinsam Anfang 2002 danach, wer die größten
Chancen als Herausforderer von (Bundeskanzler) Gerhard Schröder hat."
Juli 2001: Stoiber sagt: "Ich strebe keine neuen Ämter an."
Oktober 2001: Beim CSU-Parteitag in Nürnberg rufen Merkel und
Stoiber demonstrativ zur Geschlossenheit auf. Die CSU-Delegierten
begegnen Merkel bei deren Gastrede mit auffallendem Desinteresse.
Oktober 2001: Das Debakel der CDU bei der Regionalwahl in Berlin
bringt den verabredeten Zeitplan Frühjahr 2002 erneut ins Wanken. Aus
der CDU mehren sich Forderungen nach einer vorgezogenen Entscheidung.
November 2001: Die in Umfragen hinter Stoiber liegende Merkel hält
eine kämpferischen Rede beim CDU-Landesparteitag Baden-Württemberg.
Die Südwest-CDU fordert dennoch eine schnelle Kandidaten-Festlegung.
Dezember 2001: Merkel und Stoiber bekräftigen beim CDU-Parteitag
in Dresden, dass am Zeitplan und Verfahren für die Kandidaten-Kür
festgehalten wird. Stoiber wird bei seiner Gastrede gefeiert.
Nach Berichten haben mehrere CDU-Landeschefs und
Ministerpräsidenten am Rande des Parteitags vereinbart, Merkel zu zum
Verzicht zu bewegen. Sie solle stattdessen den Fraktionschefin
werden.
5. Jänner 2002: Merkel erklärt erstmals öffentlich: "Ich bin
bereit zu einer Kanzlerkandidatur." Am nächsten Tag bekundet auch
Stoiber öffentlich seine Bereitschaft zur Kanzlerkandidatur.
8. Jänner: Die CSU-Bundestagsabgeordneten bitten bei ihrer
Klausurtagung in Kreuth die CDU um Unterstützung für Stoiber.
11. Jänner: Am ersten Tag der CDU-Klausurtagung in Magdeburg
verzichtet Merkel auf die Kanzlerkandidatur. Stoiber wird
Herausforderer von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) bei der
Bundestagswahl am 22. September. (APA/dpa)